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Herausgeforderte Eltern: Empirische Exploration zur Transformation von Haltungen bei Müttern und Vätern im Einschulungsverlauf

Fachliche Zuordnung Bildungssysteme und Bildungsinstitutionen
Förderung Förderung von 2014 bis 2019
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 265731841
 
Erstellungsjahr 2019

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Ziel der Studie war es auf mikroanalytischer Ebene zu rekonstruieren, welche Haltungen Mütter* und Väter* als Akteur*innen in den Bildungsprozessen ihres Kindes im Rahmen des Übergangs von der Kita in die Grundschule haben und wie sich diese eventuell im Verlaufe der Einschulung sowie des ersten Schuljahres verändern. Gleichzeitig sollte rekonstruiert werden, inwiefern die sozialen Positionierungen der Eltern innerhalb von gesellschaftlichen Ungleichheitsstrukturen wie Klassismus, Rassismus, Heteronormativismus, Ableismus und Adultismus die Wahrnehmung des Übergangs beeinflussen. Um diese Ziele zu erreichen erwies sich die intersektionale Mehrebenenanalyse nach Winker und Degele (2009) als methodisches Analyseinstrument als besonders fruchtbar. Dieses Analysemodell überzeugt aufgrund seiner methodischen Anlage, nicht nur auf der Mikroebene soziale Positionierungen der Befragten zu rekonstruieren, sondern darüber hinaus auch fallübergreifende Analysen in Hinblick auf Macht- und Herrschaftsverhältnisse anzuschließen und so zu einer gesellschaftskritischen Gesamtanalyse beizutragen. Insgesamt ließen sich so die vier Typen „Gelassen/ Unbesorgt“, „Herausgefordert“, „Überfordert“ und „Erschöpft“ rekonstruieren, wobei die Typen entweder zu beiden Erhebungszeitpunkten demselben Typus entsprachen, oder sich eine positive bzw. negative Wendung zum zweiten Erhebungszeitpunkt vollzog. Ein zentrales Ergebnis war hierbei, dass das Aufbringen von zeitlichen Ressourcen bzw. das Fehlen zeitlicher Ressourcen um Schularbeit leisten zu können, der relevante Faktor für eine Transformation der Haltung war. Damit können andere ungleichheitsrelevante Dimensionen wie Ableismus, Rassismus oder Klassismus durch das Aufbringen von Zeit relativiert werden, während das Fehlen von Zeit andere Ungleichheitsdimensionen verstärken bzw. selbst bei Privilegierungen zu einer negativen Transformation der Haltung führen kann. Vor diesem Hintergrund zeigen unsere Befunde, dass die Möglichkeit Schularbeit adäquat leisten zu können, maßgeblich von der Positionierung im sozialen Raum sowie von der Möglichkeit zeitliche Ressourcen für die Schularbeit aufbringen zu können, abhängig ist. Familien, die diese Zeit nicht zur Verfügung haben, da ein Elternteil alleinerziehend oder beide berufstätig sind, blicken genauso wie Eltern(teile), die zwar über freie Zeit verfügen, diese aber aufgrund von (sprachlichen) Barrieren nicht für die Schularbeit nutzen können, besorgter auf den Übergang. Bei Familien, denen keine hinreichende Zeit für die Schularbeit zur Verfügung steht und die darüber hinaus durch weitere gesellschaftliche Verhältnisse benachteiligt werden, zeigt sich, dass diese zwar versuchen, bis zur Erschöpfung den Anforderungen des Schulsystems gerecht zu werden, aber strukturell bedingte Herausforderungen und Beschränkungen trotz individuellem Einsatz nicht überwinden können. Die Ergebnisse des vorliegenden Forschungsprojekts machen somit deutlich, dass und wie weiterhin Bildungsungleichheiten entlang sozialer Ungleichheiten reproduziert werden. Um die bestehenden Bildungsungleichheiten abzuschwächen, bräuchte es Strategien des Bildungssystems, um bedarfsgerechter auf die Lebenswelten der Familien einzugehen.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • (2018): „Ich mach' mir keine Sorgen um die Bildung“. Wahrnehmung von Handlungsfähigkeit bei Müttern* und Vätern* während des Übergangs in die Grundschule. In: Thon, C./Menz, M./Mai, M./Abdessadok, L. (Hrsg.): Kindheiten zwischen Familie und Kindertagesstätte. Differenzdiskurse und Positionierungen von Eltern und pädagogischen Fachkräften. Wiesbaden: Springer VS. S. 245-263
    Hunner-Kreisel, C./Steinbeck, K.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1007/978-3-658-19451-2_14)
  • Intersektionalität und rekonstruktive Ungleichheitsforschung ‒ der praxeologische Mehrebenenansatz im Kontext einer Bildungsforschung zum Übergang in die Schule aus Elternperspektive. In: Zeitschrift für Qualitative Forschung, 19 (2018) 1-2, S. 79-96
    Hunner-Kreisel, C./Steinbeck, K.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.3224/zqf.v19i1-2.06)
 
 

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