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Wohlfahrtsstaatliche Institutionen und sozialpolitische Einstellungen: Neue Perspektiven für die vergleichende Wohlfahrtsstaatsanalyse

Fachliche Zuordnung Empirische Sozialforschung
Förderung Förderung von 2006 bis 2009
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 26742968
 
Erstellungsjahr 2010

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Entwickelte Wohlfahrtsstaaten werden in zunehmendem Maße mit Strukturreformen konfrontiert. Zentrale gesellschaftliche Institutionen verlieren dadurch ihre Selbstverständlichkeit und die Bürger damit auch die über viele Jahre hinweg wahrgenommene individuelle Sicherheit in sozialen Krisensituationen. In dem Projekt wurde die Orientierung an sozialpolitischen Leistungssystemen (Gesundheits-, Armuts- und Familienpolitik) über einen Vergleich von 15 Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (EU-15) analysiert. Unsere Analysen haben ergeben, dass Einstellungen zu Mindestsicherungssystemen u.a. von Kontextfaktoren wie der Großzügigkeit der Mindestsicherungsleistungen und der Arbeitslosenquote abhängen. Bei hoher Arbeitslosigkeit und geringen Leistungen fordern die Bürger verstärkt staatliche Verantwortung ein. Bei geringerer Arbeitslosigkeit sinkt die Unterstützung für eine starke Rolle des Staates. Ein hohes Leistungsniveau kann zu einer Polarisierung der öffentlichen Meinung, d.h. starken Unterschieden zwischen sozialen Gruppen, führen. Im Bereich Familienpolitik hängen die Einstellungen von Art und Umfang existierender familienpolitischer Leistungen ab. In Ländern mit großzügigen Leistungen, welche die Erwerbsbeteiligung von Frauen unterstützen, ist die Zufriedenheit am höchsten. Gleichzeitig empfinden Familien in diesen Ländern die Vereinbarkeit von Familien- und Berufsleben als weniger problematisch. In den meisten Ländern und unabhängig vom institutionellen Kontext, sind finanziell bessergestellte Familien zufriedener und haben weniger Probleme mit der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. In allen europäischen Staaten besteht eine hohe Zustimmung zu einer umfassenden Rolle des Staates in der Gesundheitspolitik. Demgegenüber ist hinsichtlich der Zufriedenheit der Bevölkerung mit ihrem Gesundheitssystem ein stärkerer Zusammenhang mit dem jeweiligen institutionellen Design festzustellen. In Gesundheitssystemen mit einem niedrigen Niveau der Gesamtausgaben, einer geringen Dichte an Allgemeinärzten und hohen privaten Zuzahlungen ist die Zufriedenheit mit dem Gesundheitssystem deutlich niedriger. Hier ist außerdem eine hohe Ungleichheit zwischen unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen zu erkennen. Demgegenüber ist in Gesundheitssystemen mit einer langen Tradition einer Absicherung der gesamten Bevölkerung unabhängig vom beruflichen Status eine homogene Wahrnehmung und Bewertung des Gesundheitssystems durch unterschiedliche Bevölkerungsgruppen zu erkennen. Länder mit hohen Ausgaben, einer hohen Allgemeinarztdichte und freier Arztwahl erhalten die höchste Zustimmung in der Bevölkerung aber weisen auch die größten Unterschiede zwischen unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen auf.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • (2007): Sinkt das Vertrauen in Gesundheitssysteme? Eine vergleichende Analyse europäischer Länder. WSI-Mitteilungen 07/2007, 380-386
    Wendt, C.
  • (2008): Einstellungen zu wohlfahrtsstaatlichen Institutionen in Europa. Wie werden Gesundheitssysteme von den Bürgerinnen und Bürger wahrgenommen?, Zeitschrift für Sozialreform 54, 2, 115- 140
    Wendt, C.
  • (2008): Leitideen der Gesundheitsversorgung. In: S. Sigmund, G. Albert, A. Bienfait, M. Stachura (Hg.): Soziale Konstellation und historische Perspektive. Festschrift für M. Rainer Lepsius, Wiesbaden, VS-Verlag, 149-173
    Wendt, C.
  • (2008): New Governance, Institutionenwandel und Vertrauen im Gesundheitssystem – Vertrauensverlust oder neue Formen der Vertrauensbildung? In: K.-S. Rehberg (Hg.): Die Natur der Gesellschaft. DGS Kongressband 2006 – CD-Rom. Frankfurt a.M.: Campus, 4443-4445
    Kuhlmann, E. und Wendt, C.
  • (2008): Nimmt das Vertrauen in Gesundheitssysteme ab? Ein internationaler Vergleich. In: K.-S. Rehberg (Hg.): Die Natur der Gesellschaft. DGS Kongressband 2006 – CD-Rom. Frankfurt a.M.: Campus, 4446-4457
    Wendt, C.
  • (2009) Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in ihre Gesundheitssysteme, Public Health Forum 17: 5-7
    Wendt, C.
  • (2009) ‘Public Opinion on State Responsibility for Minimum Income Protection: A Comparison of 14 European Countries’, Acta Sociologica 52 (2): 117-134
    Pfeifer, M.
  • (2009): Gesundheitszustand und Nutzung von Gesundheitsleistungen. Zeitschrift für Sozialreform (Themenschwerpunktheft hrsg. von B. Riegraf, E. Kuhlmann und H. Theobald), Jg. 55, Heft 4: 329-346
    Reibling, N. und Wendt, C.
  • (2009): Grundprinzipien der sozialen Sicherheit und Gleichheit im Wohlfahrtsstaat. In: P. Siller, G. Pitz (Hg.): Politik der Gerechtigkeit. Zur politischen Orientierungskraft eines umkämpften Ideals. Baden-Baden: NOMOS, 135-146
    Wendt, C.
  • (2009): Health Care System Types. A conceptual framework for comparison, Social Policy & Administration, Vol. 43, No 1, 70-90
    Wendt, C.; Frisina, L., und Rothgang, H.
  • (2009): Mapping European Healthcare Systems. A Comparative Analysis of Financing, Service Provision, and Access to Healthcare, Journal of European Social Policy, Vol 19, No. 5, 432-445
    Wendt, C.
  • (2010): Healthcare systems in Europe: Towards an incorporation of patient access, Journal of European Social Policy, 20, 5-18
    Reibling, N.
  • (2010): Welfare State. In S. Immerfall und G. Therborn (Hg.): Handbook of European Societies. New York: Springer, 571-628
    Bahle, T.; Kohl, J. und Wendt, C.
 
 

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