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Spontane Revolution oder lange Wende? Eine soziologische Analyse der DDR und ihres Niedergangs auf Basis von Eingabenstatistiken zwischen 1970 und 1989.
Antragsteller
Professor Dr. Ulrich Kohler
Fachliche Zuordnung
Empirische Sozialforschung
Förderung
Förderung von 2014 bis 2021
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 267795588
Ein Großteil der DDR-Bürger war mit den Lebensbedingungen in ihrem Land über einen längeren Zeitraum unzufrieden. Trotzdem kam die Revolution von 1989/90 für die Meisten überraschend. In der Wissenschaft hat sich vielleicht auch deshalb bis heute die Meinung durchgesetzt, dass es sich um eine spontane Revolution gehandelt habe. Allerdings liegen gesellschaftlichen Veränderungen von solchem Ausmaß in der Regel langfristig vorgelagerte Prozesse zu Grunde. Da dieser Aspekt jedoch bisher nicht Gegenstand empirischer Sozialforschung Forschung war, spürt das Projekt "`Spontane Revolution oder lange Wende"' seit November 2014 langfristigen Entstehungsbedingungen für die Ereignisse von 1989/90 nach. Dabei werden in erster Linie quantitative Methoden auf Basis von eigens dafür gesammelten Statistiken des DDR Verwaltungsapparates verwendet. Konkret untersucht das Projekt anhand von Eingabenstatistiken Veränderungen der Lebensqualität der Partizipation, sowie von Werthaltungen im Zeitraum 1970-1989 und setzt diese mit den Ereignissen von 1989/90 in Beziehung. Neben der Untersuchung alternativer Theorien zum Untergang der DDR trägt das Vorhaben zur Verbesserung der problematischen Datenlage des DDR-Nachlasses bei. Die durch das Projekt erhobenen Daten des ``Postdam Grievance Statistics File'' (PGSF) erweitern die Möglichkeiten zur quantitativen Gesellschaftsbeschreibung der DDR, beispielsweise in den Bereichen soziale Ungleichheit, Bildung oder Delinquenz. Im vorliegenden Verlängerungsantrag werden drei Teilziele verfolgt. Das erste besteht darin, den PGSF um Informationen zu ergänzen, die im ersten Anlauf nicht gesammelt oder nicht aufbereitet werden konnten. Das zweite Ziel besteht darin, eine Reihe von Auswertungen des PGSF fortzuführen, die aufgrund von Verzögerungen im Projektverlauf noch nicht abgeschlossen werden konnten. Einzelfallstudien untersuchen, ob und wie Veränderungen in der Lebensqualität, dem Partizipationsverhalten und Werthaltungen Einfluss auf die Ereignisse von 1989/90 genommen und zum Untergang der DDR beigetragen haben. Drittens soll in einer Projekterweiterung eine repräsentative Retrospektivbefragung mit ehemaligen DDR-Bürgern zum Eingabeschreiben durchgeführt werden. Die Befragung stellt hierbei eine entscheidende Ergänzung zu den geborgenen Aggregatdaten des PGSF dar. Sind die bisher geborgenen und aufbereiteten Daten für die Analyse von quantitativen und Themen spezifischen Entwicklungen im Eingabewesen bestens geeignet, können mit den Survey-Daten auch individuelle Faktoren des Eingabeschreibens erstmalig untersucht und offen gelegt werden. Die Erhebung ist in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung geplant. Die Kooperation garantiert Zugriff auf die für das Vorhaben passgenaue Stichprobe C des SOEP und bietet zudem einen guten Kompromiss zwischen der Qualität der erhobenen Daten und den anfallenden Kosten.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen