Neue Methoden der Statistik stochastischer Prozesse
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Im Rahmen dieses Forschungsstipendiums wurden neue Verbindungen zwischen der Statistik für stochastische Prozesse zu anderen aktuellen Gebieten der mathematischen Statistik hergestellt. Zwei der wichtigsten Klassen von stochastischen Prozessen mit einer Vielzahl von Anwendungen in den Naturwissenschaften und der Finanzmathematik sind Diffussionsprozesse, oder allgemeiner Lösungen von stochastischen Differentialgleichungen, um dynamisches Verhalten zu beschreiben, sowie Lévy-Prozesse zur Modellierung von Sprungprozessen. Zusammen mit Jakob Söhl (University of Cambridge) haben wir Konfidenzbänder für die Driftfunktion, also die deterministische, treibende Kraft in der Dynamik, eines Diffusionsprozesses konstruiert. Diese Bänder liefern für eine gegebene Wahrscheinlichkeit einen Korridor, in dem die dem Modell zugrunde liegende, aber unbekannte Funktion liegt. Dabei galt es, zwei Schwierigkeiten zu beachten. Einerseits sind diskrete Beobachtungen eines Diffusionsprozesses nicht mehr unabhängig, sondern bilden eine Markov-Kette. Anderseits hängen Funktionsschätzer immer von Eigenschaften der tatsächlichen unbekannten Funktion ab, wie bspw. deren Regularität. Es wurden Schätzer und Konfidenzbänder konstruiert, welche sich an diese unbekannten Eigenschaften anpassen bzw. an diese adaptieren. Geht man von stochastischen Differenzialgleichungen einen Schritt weiter, landet man bei stochastischen partiellen Differenzialgleichungen (SPDEs), welche unter anderem in der Physik auftauchen. Aufgabe der Statistik ist, es die in diesen SPDEs auftauchenden Koeffizienten anhand von Beobachtungen des Lösungsprozesses zu inferieren. Insbesondere die Volatilität, welche die stochastische Fluktuation beschreibt, ist von Interesse. Zusammen mit Markus Bibinger (Universität Marburg) haben wir hierfür einen Schätzer entwickelt und analysiert, der auf den quadrierten Zuwächsen des Prozesses in der Zeit beruht. Ein großer Vorteil dieses Schätzers ist dessen einfache und effiziente Implementierbarkeit. Im Kontext von Sprungprozessen haben wir zusammen mit Denis Belomestny (Universität Duisburg-Essen) und Alexandre Tsybakov (CREST, Paris) Schätzverfahren für hochdimensionale Lévy-Prozesse sowie für das verwandte Dekonvolutionsproblem untersucht. Hochdimensional heißt dabei, dass die Dimension des Prozesses bzw. der Beobachtungen in etwa so groß ist, wie die Anzahl der Beobachtungen oder sogar größer, was bspw. für sehr große Portfolios am Aktienmarkt der Fall sein kann. Die klassischen Verfahren funktionieren in diesem Fall nicht mehr. Nimmt man aber an, dass es einige wenige treibende Prozesse am Markt gibt, kann man Verfahren konstruieren, die sich an diese Struktur anpassen. Auf ein spannendes und ungeplantes Problem sind wir mit Marc Hoffmann (Université Paris- Dauphine) gestoßen. Möchte man die Verteilung der Individuen einer Generation um ihre Vorgänger untersuchen, so hängen die statistischen Eigenschaften stark davon ab, wie sehr sich die Nachkommen um ihre Vorfahren konzentrieren. Dieses abstrakte Problem findet Anwendungen in der Biologie (Botanik, Genmodelle), aber auch der Warteschlangentheorie. Einige dieser Forschungsaufgaben führten bereits zu Veröffentlichungen, andere benötigen noch Zeit um sie abschließend zu lösen und zu veröffentlichen.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
- (2016). Adaptive confidence bands for Markov chains and diffusions: Estimating the invariant measure and the drift. ESAIM: Probability and Statistics
J. Söhl and M. Trabs
(Siehe online unter https://doi.org/10.1051/ps/2016017) - (2016). Low-rank diffusion matrix estimation for highdimensional time-changed Lévy processes
D. Belomestny and M. Trabs
- (2016). Spectral estimation for diffusions with random sampling times. Stochastic Processes and their Applications
J. Chorowski and M. Trabs
(Siehe online unter https://doi.org/10.1016/j.spa.2016.03.009)