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Öffentliche Auftragsvergabe als neue Arena industrieller Beziehungen

Antragstellerin Dr. Karen Jaehrling, seit 10/2019
Fachliche Zuordnung Empirische Sozialforschung
Förderung Förderung von 2015 bis 2020
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 269943256
 
Die Verlagerung öffentlicher Aufgaben auf private Unternehmen geht laut zahlreichen Studien mit einer Verschlechterung von Arbeitsbedingungen einher. Dies wird vielfach mit dem Gefälle zwischen öffentlichem und gewerblichem Sektor in Hinblick auf die Strukturen des bilateralen kollektiven Interessenausgleichs erklärt. Allerdings ist in den vergangenen Jahren auf politischer Ebene zunehmend in den Blick geraten, dass auch der Staat über Möglichkeiten verfügt, auf die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten bei den beauftragten Firmen Einfluss zu nehmen, etwa über die Berücksichtigung sozialer Kriterien bei der Auftragsvergabe. Solche Formen der Einflussnahme erweitern den üblicherweise bilateralen Interessenausgleich zwischen Arbeitgebern und Beschäftigten in den privatwirtschaftlichen Unternehmen um einen dritten Akteur, die öffentliche Verwaltung, die mehr oder weniger direkt steuernd in die dort geltenden Arbeitsbeziehungen eingreifen kann. Mit dem Wandel vom "Leistungsstaat" zum "Gewährleistungsstaat" gewinnen mithin trilaterale Formen des Interessensausgleichs an Bedeutung, die bislang nicht systematisch untersucht worden sind. Das Forschungsvorhaben zielt auf eine Bestandsaufnahme und Erklärung der verschiedenen Erscheinungsformen und Resultate dieses trilateralen Interessenausgleichs. Im Zentrum der Untersuchung steht die Frage, wie das Spannungsverhältnis zwischen knappen öffentlichen Budgets, normativen Erwartungen an die Vorbildrolle des Staates, Gewinninteressen des privatwirtschaftlichen Arbeitgebers und Arbeitnehmerbelangen austariert wird. Den Kern der empirischen Erhebung stellen qualitative Intensiv-Fallstudien zu den Entscheidungsprozessen in der öffentlichen Auftragsvergabe in ausgewählten kommunalen Gebietskörperschaften dar. Ergänzend werden Vergabe-Dokumenten ausgewertet, die ein breiteres geographisches Spektrum abbilden. Anknüpfend an Vorarbeiten der Antragstellerin geht die Untersuchung dabei von der Annahme aus, dass die Nutzung des Vergabeinstrumentariums zugunsten marktkorrigierender Eingriffe in hohem Maße von institutionellen Rahmenbedingungen abhängig ist, insbesondere von den national wie sektoral unterschiedlichen Systemen der industriellen Beziehungen. Im Zentrum der Untersuchung steht daher ein Vergleich der Auftragsvergabe in zwei Branchen (Abfallwirtschaft, Catering), die sich in Hinblick auf diese Rahmenbedingungen deutlich unterscheiden. Die Untersuchung versteht sich damit als Beitrag zur Soziologie industrieller Beziehungen, der eine emergente Form des kollektiven Interessenausgleichs in Hinblick auf ihre genaue Ausgestaltung und ihre Verteilungswirkungen analysiert.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
Internationaler Bezug Dänemark, Großbritannien
Ehemalige Antragstellerin Dr. Claudia Weinkopf, von 1/2019 bis 10/2019
 
 

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