Konversion, Zivilisation, Entwicklung? Katholische Mission zwischen Deutschland und Ostafrika, 1880 bis 1945
Zusammenfassung der Projektergebnisse
In meiner Habilitationsschrift habe ich die Verflechtungsgeschichte der katholischen Mission zwischen Deutschland und Ostafrika im imperialen Zeitalter (1830–1960) untersucht. Das Projekt umfasst einen Untersuchungszeitraum von knapp eineinhalb Jahrhunderten und analysiert die historischen Beziehungen zwischen einem mitteleuropäischen und einem ostafrikanischen Untersuchungsraum. Neben klassischen Ansätzen der Politik-, Sozial- und Ideengeschichte, bringe ich emotions-, wissens- und kommunikationsgeschichtliche Zugänge zur Anwendung. Die empirische Basis der Untersuchung wurde im Rahmen mehrerer für geschichtswissenschaftliche Arbeiten teils aufwendiger Recherchen in deutschen, britischen und tansanischen Archive und Bibliotheken zusammengestellt. Erkenntnisziel war ein grundlegend erweitertes Verständnis (1) von Beziehungen im kolonialen Raum einschließlich der europäischen Metropole, das neben Momenten der Verflechtung auch jene der Entkopplung und Exklusion sichtbar macht, (2) von den fundamentalen Grenzverschiebungen des Religiösen in die politische Arena von 1880 bis 1945 und von der Rolle, welche die Mission dabei einnimmt, (3) von der Rolle katholischer Akteure in Ostafrika während der deutschen und britischen Kolonialherrschaft. Im Ergebnis arbeite ich in dieser Untersuchung, erstens, die Praktiken, Inhalte und Wirkungen massenmedialer Kommunikation in den Beziehungen von Kolonien und Metropolen heraus. Dies stellt eine Erweiterung bisheriger Ansätze der Global- und Verflechtungsgeschichte in Richtung der kulturwissenschaftlichen Medienforschung dar. Zweitens zeige ich, wie zentral der ideologische Wandel katholischer Missionsziele von der jenseitsfokussierten Erlösungsmission hin zu einer christlichen Zivilisierungsmission für die Formulierung und Stabilisierung des deutschen Kolonialismus war – insbesondere gilt dies für die Schlüsselphasen der Begründung (1888) und der Krise (1905–1907) des deutschen Kolonialismus. Drittens wird die zentrale Rolle von katholischen Missionen für den Aufbau von Bildungs- und Wissenssystemen in der deutschen, aber besonders auch während der britischen Kolonialherrschaft in Ostafrika aufgezeigt.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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Lepra als entangled disease. Leidende afrikanische Körper in Medien und Praxis der katholischen Mission in Ostafrika, 1911-1945, Der afrikanische Körper als Missionsgebiet. Medizin, Ethnologie und Theologie in Afrika und Europa, 1880-1960, herausgegeben von Siegfried Weichlein/Linda Ratschiller, Köln u.a: Böhlau 2015, S. 95-121
Richard Hölzl
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Schöpfung unter dem Mikroskop. Der Jesuit und Naturhistoriker Franz de Paula Schrank (1747-1835) als Grenzgänger des Religiösen und des Säkularen, in: Umwelten. Ereignisse, Räume und Erfahrungen der Frühen Neuzeit, herausgegeben von Sven Petersen/ Dominik Collet/ Marian Füssel, Göttingen: Vandenhoeck & Rupprecht 2015, 201-223
Richard Hölzl
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Educating Missions: Teachers and Catechists in Southern Tanganyika, 1890s to 1940s, Itinerario 40/3, 2016, 405-428
Richard Hölzl
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Imperiale Kommunikationsarbeit. Zur medialen Rahmung von Mission im 19. und 20. Jahrhundert, Medien und Zeit 31/2, 2016, 3-17
Richard Hölzl
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Arrested Circulation: Catholic Missionaries, Anthropological Knowledge, and the Politics of Cultural Difference in Imperial Germany, 1880-1914, in: Anxieties, Fear and Panic in Colonial Settings: Empires on the Verge of a Nervous Breakdown, herausgegeben von Harald Fischer-Tiné, Basingstoke: Palgrave Macmillan 2017, S. 307-344
Richard Hölzl
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Negotiating the Fundamentals? German Missions and the Experience of the Contact Zone, 1850–1918, in: Negotiating the Secular and the Religious in the German Empire: Transnational Approaches, hg. v. Rebekka Habermas, New York/Oxford: Berghahn 2019, 196-234
Richard Hölzl/ Karolin Wetjen
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Katholische Mission zwischen Metropole und Kolonie Deutschland und Ostafrika, 1830-1960, Habilitationsschrift zur Erlangung der venia legendi der Neueren und Neuesten Geschichte an der Philosophischen Fakultät der Georg-August- Universität Göttingen, eing
Richard Hölzl