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Die Arbeit am Ich. Weiterbildung und "Persönlichkeitsoptimierung" in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts
Antragstellerin
Dr. Franziska Rehlinghaus
Fachliche Zuordnung
Neuere und Neueste Geschichte (einschl. Europäische Geschichte der Neuzeit und Außereuropäische Geschichte)
Förderung
Förderung von 2015 bis 2020
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 277966107
Das Forschungsprojekt rekonstruiert die Entwicklung der beruflichen Weiterbildung in der bundesdeutschen Geschichte, um die Formierung des 'optimierten Arbeitnehmers' in Diskurs und Praxis zu untersuchen. Es konzentriert sich dabei auf die Etablierung und den Wandel von Maßnahmen, die soziale und persönliche Verhaltensweisen und Charaktereigenschaften von arbeitenden Individuen verändern sollten. Damit setzt es an der Stelle an, an der Praktiken der Optimierung eingefordert, vermittelt und erlernt wurden und sich ein riesiges Experimentierfeld der Menschenformung eröffnete. Das Ziel ist es, den modernen Selbstoptimierungsdiskurs und seine Implementierung im Arbeitsleben zu erforschen und damit auch in seiner gesellschaftlichen Relevanz historisch zu verorten. Im Projekt werden die Konjunkturen von Weiterbildungsmaßnahmen einerseits aus internen Aushandlungsprozessen zwischen Arbeitgebern, Arbeitnehmern und Dienstleistern rekonstruiert, andererseits an Einflussfaktoren wie die Unternehmenskultur, zeitgenössische Modelle des 'optimalen Arbeitnehmers' und politische, soziale und ökonomische Bedingungen zurückgebunden. So vermag das Projekt die Entwicklung hin zu einer Gesellschaft zu erklären, in der die permanente Arbeit am Selbst als attraktives Angebot, als Wert und als Erwartungshaltung gleichermaßen angesehen und beworben wird. Das Projekt bettet die Geschichte der beruflichen Weiterbildung in eine Kulturgeschichte der Arbeit und der Beratung ein und leistet darüber hinaus auch einen Beitrag zur Geschichte der Subjektformierung in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Damit bezieht es Stellung in der gouvernementalitätstheoretischen Debatte um die Formbarkeit des Menschen im Spannungsfeld von Selbstermächtigung und Zwang. In einer praxeologischen Perspektive werden zum einen Unterlagen ausgewählter deutscher Unternehmen und professioneller Dienstleister zur organisatorischen, programmatischen und praktischen Ausgestaltung von Weiterbildungsmaßnahmen untersucht. Zum anderen werden Egodokumente der daran beteiligten Individuen ausgewertet, in denen über die Erfordernisse des beruflichen Alltags, Karrierehoffnungen, Vorstellungen vom geglückten Leben und Versagensängste reflektiert wurde. Ergänzt werden diese Dokumente durch Interviews mit Menschen, die als langjährige Dienstleister oder Teilnehmer aktiv am Weiterbildungsmarkt partizipierten. Die Ergebnisse des Projekts werden in einer Monographie und in mehreren Beiträgen in Fachzeitschriften publiziert.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen