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Wie zentral ist die Mitte? Mittelschichtsdiskurse und wohlfahrtsstaatlicher Politikwandel im internationalen Vergleich

Fachliche Zuordnung Politikwissenschaft
Förderung Förderung von 2015 bis 2019
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 278130433
 
Bei der Thematisierung gesellschaftlichen Wandels, den Anzeichen und Auswirkungen von Krisen und der Notwendigkeit politischer Reformen wird kontinuierlich auf "die Mittelschicht" Bezug genommen. Insbesondere der Wohlfahrtsstaat spielt dabei eine ambivalente Rolle, indem er zugleich als Gefährder und Retter der Mittelschicht postuliert wird. Indes ist "die Mitte" hinsichtlich ihrer sozialstrukturellen Eingrenzung, ihrer Interessenlage und ihrer normativen Bedeutung keine natürliche oder objektive Gegebenheit, sondern findet auf der Grundlage unterschiedlicher Herleitungen und Beobachtungsperspektiven Eingang in politische Diskurse und Entscheidungen. Angesichts ihrer diskursiven Allgegenwärtigkeit ist anzunehmen, dass es sich bei der Kategorie der Mittelschicht um einen besonders wirkmächtigen Bezugspunkt bei der Aushandlung gesellschaftlicher Ordnungsvorstellungen und politischer Programme handelt. Wir wissen jedoch wenig darüber, mittels welcher argumentativen Praktiken die Mittelschicht zu einem bedeutungsvollen Element des Diskurses wird und wie hierdurch wohlfahrtsstaatliche Reformpolitiken strukturiert werden. Die interpretative Erschließung dieses Nexus birgt das Potenzial, zu einem besseren Verständnis der Funktionsweise von Diskursen und des Wandels wohlfahrtsstaatlicher Politik zu gelangen. Dies gilt insbesondere angesichts der Beobachtung, dass eine neue Politik des Wohlfahrtsstaats die bislang angenommenen Pfadabhängigkeiten und Kausalmechanismen in Frage zu stellen scheint (Pierson 2001).Zur Beantwortung der Frage nach der Thematisierung der "Mitte" und ihrer Relevanz für wohlfahrtsstaatlichen Politikwandel nimmt das Projekt den deutschen, britischen und schwedischen Wohlfahrtsstaat mittels einer diskursanalytisch-interpretativen Perspektive in den Blick. Im Kontrast zum Gros der bisherigen Wohlfahrtsstaatsforschung geht es somit nicht darum, ein Variablenmodell mit allgemeingültigen Wirkungsfaktoren zu formulieren und zu überprüfen, sondern um eine sinnverstehende Analyse der sozialen Praktiken, die ein spezifisches Wissen über die gesellschaftliche Mitte und deren Bedeutung für wohlfahrtsstaatliche Politik konstituieren. Hierzu sollen zum einen die medialen Diskurse (und deren Ausläufer), in denen die kollektiven Vorstellungen von der gesellschaftlichen Mitte konstruiert und verhandelt werden, anhand von Zeitungsartikeln und weiteren Materialien rekonstruiert werden. Zum anderen soll untersucht werden, inwiefern die Gestaltung und argumentative Rechtfertigung bestimmter wohlfahrtsstaatlicher Reformprogramme und -initiativen an Vorstellungen von den Interessen und Bedürfnissen der Mittelschicht ausgerichtet sind. Beide Aspekte sollen durch einen systematischen Vergleich Deutschlands, Großbritanniens und Schwedens in den Blick genommen werden, um sowohl übergreifende Strukturmuster als auch nationale Spezifika identifizieren und an die vergleichende Wohlfahrtsstaatsforschung zurückspielen zu können.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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