Leadership und Schulentwicklung im Kontext. Eine systematische ländervergleichende Analyse zwischen Nordrhein-Westfalen und Kalifornien
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Ausgangslage: Die Befunde aus der v.a. nordamerikanischen Bildungsforschung verweisen auf eine zentrale Bedeutung von Führung für erfolgreiche Schulentwicklung, insbesondere in Schulen, die aufgrund schlechter Leistungsergebnisse oder ungünstiger Ausprägungen in organisationalen Dimensionen einen besonderen Entwicklungsbedarf haben. Überproportional häufig betrifft dies Schulen in sozial deprivierter Lage. Die Forschungslage zeigt dabei auf, dass erfolgreiches Führungshandeln in Schulen in sozial deprivierter Lage erstens besondere Merkmale gegenüber Schulen mit anderen Kontextbedingungen aufweist und dass zweitens Führungshandeln von den institutionellen Rahmenbedingungen des Schulsystems abhängt, weswegen sich die Befunde der nordamerikanischen Forschung nicht einfach auf den deutschen Raum übertragen lassen. Ziel: Das Projekt analysiert in einer vergleichenden Studie Rollenwahrnehmungen, Konstellationen zwischen der Schulleitung und Lehrkräften sowie Akteuren der Schulaufsicht, und das Führungshandeln von Schulleiter/innen in überdurchschnittlich erfolgreichen Schulen in sozial deprivierter Lage in Nordrhein-Westfalen und Kalifornien. Das Ziel ist es, Gemeinsamkeiten und Unterschiede herauszuarbeiten und mit institutionellen Rahmenbedingungen zu verknüpfen, um hierüber die Übertragbarkeit der nordamerikanischen Befunde auf Deutschland zu prüfen und die Entwicklung von Führungsansätzen für Deutschland empirisch zu unterstützen. In einem ersten Schritt wurde erfolgreiches Schulleiterhandeln in Kalifornien analysiert; dieser Teil konnte im Rahmen des DFG-Forschungsstipendiums realisiert werden. Methode: Die Studie in Kalifornien umfasste zwei Teilstudien. Zunächst wurden sechs Middle Schools mit quantitativen Methoden (Lehrkräfte- und Schulleiterbefragung; Netzwerkanalyse) analysiert. Aus diesen Schulen wurden zwei überdurchschnittlich erfolgreiche Schulen und eine durchschnittlich erfolgreiche Schule für eine Vertiefungsstudie ausgewählt. In dieser wurden problemzentrierte Interviews mit der Schulleitung, dem Schulbezirk und Lehrkräften durchgeführt. Zudem wurden in den Schulen Beobachtungen durchgeführt. Ergebnisse: Die Analysen verweisen darauf, dass die Schulleiter/innen sich nicht als Teil des Kollegiums verstehen, sondern als unterstes Glied der Administration. Sie und ihre Stellvertreter/innen haben direkte Einflussmöglichkeiten auf Schulentwicklungsprozesse. Die formellen Zugriffsrechte der Schulleitung und der Bezirksadministration auf das unterrichtliche Handeln der Lehrkräfte sind hoch und werden von den Schulleiter/innen auch selbstverständlich als Teil ihrer Rolle wahrgenommen. Insgesamt zeigen die Analysen auf, dass sich zentrale Befunde aus der Forschung zu erfolgreichen Schulleiter/innen in SsdL auch im Handeln der beiden erfolgreichen Schuleiter/innen beobachten lassen: Die Schulleiter/innen haben eine klare Vision von einer sicheren, sozial gerechten Schule mit hohen Erwartungen an die Schüler/innen. - Sie pflegen eine Kultur, in der Lehrkräfte und Schüler/innen schlechte Ergebnisse nicht durch Hintergrundmerkmale der Schüler/innen entschuldigen können. - Sie sehen zudem die Sicherstellung eines reibungslosen Ablaufs des Unterrichts als ihre zentrale Aufgabe an und sind in der Schule präsent. Die Befunde verdeutlichen zudem, dass dieses Handeln durch die institutionellen Rahmenbedingungen der Schulen (z.B. Organisationsstrukturen, Unterstützungssysteme) ermöglicht wird. Diskussion: Mit Blick auf deutsche Schulleiter/innen lässt sich fragen, inwiefern sie einerseits hinsichtlich geringerer Zeit- und Personalkontingente, andererseits hinsichtlich einer weniger hierarchischen Differenzierung zwischen ihnen und den Lehrkräften und einer loseren Anbindung an die Schulaufsicht ähnliche Führungsstrategien anwenden können und mit Blick z.B. auf die schulischen Ziele, eine sichere Lernumgebung und eine direkte Unterstützung des Unterrichtshandelns eine ähnlich bedeutende Rolle spielen. Vor diesem Hintergrund besteht der nächste Schritt darin, mit dem gleichen Instrumentarium das Führungshandeln von Schulleiter/innen in Nordrhein-Westfalen zu analysieren und mit den Befunden aus Kalifornien gegenüberzustellen.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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(2016). Instructional Leadership in den USA. Ein Modell für Schulleiterinnen und Schulleiter in Deutschland? Tertium Comparationis, 22(2), 203-229
Klein, E. D.