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Der Einfluss von kulturellen Unterschieden auf Vertrauen und Kontrolle: eine trans-kulturelle Studie von Kunden-Lieferantenprojekten im Informationstechnologie-Outsourcing

Fachliche Zuordnung Accounting und Finance
Förderung Förderung von 2016 bis 2019
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 280875528
 
Erstellungsjahr 2019

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Ein großes Problem in der Praxis des Informationstechnologie-Outsourcings (ITO) ist der Einfluss kultureller Unterschiede zwischen Kunden- und Lieferantenorganisationen auf die Qualität der ITO-Kunden-Lieferanten-Beziehung. Auch wenn wir wissen, dass insbesondere Vertrauens- und Kontrollmechanismen in den Beziehungen zwischen Kunde und Lieferant wichtig sind, erklärt die bestehende Literatur den Einfluss kultureller Unterschiede zwischen Kunde und Lieferant auf die Vertrauensbildung und die Nutzung von Kontrollmechanismen innerhalb von ITO-Verpflichtungen nicht vollständig. Ausgehend von eigenen Vorarbeiten lag der Fokus der Forschung in diesem Projekt auf der Analyse der Auswirkungen kultureller Unterschiede zwischen Kunde und Lieferant auf die ITO-Kunden-Lieferanten-Beziehungsqualität. Hierzu wurden zwei Studien durchgeführt. In der ersten Studie wurden 28 Mitarbeiter von Kunden und Lieferanten aus ITO-Projekten im Rahmen von Experteninterviews befragt. Basierend auf den analysierten Daten und unter Berücksichtigung der bestehenden ITO-Kunden-Lieferanten-Beziehungsrahmen und -modelle wurde ein Modell der ITO-Kunden-Lieferanten-Beziehungsqualität entwickelt, das aus 5 übergreifenden Dimensionen und 17 spezifischen Kategorien besteht. Das Modell aggregiert die identifizierten Faktoren aus den Interviews und gibt einen Überblick darüber, wie die Qualität innerhalb der ITO- Kunden-Lieferanten-Beziehungen aufgebaut und erhalten werden kann. So wurde bspw. im Hinblick auf die Dimension der Vertragsqualität / Qualität der Vereinbarung (Agreement Quality) zwei Faktoren identifiziert, die bei der Etablierung und Aufrechterhaltung der Qualität innerhalb der ITO-Kunden-Lieferanten-Beziehung zu berücksichtigen sind: (1) Stabilität des schriftlichen Vertrages (Stability of the Written Contract) und (2) Eignung des ungeschriebenen Vertrages (Suitability of the Unwritten Contract). Im Rahmen der zweiten Studie wurde eine Fallstudie in zwei ITO-Projekten durchgeführt. Beide Projekte stellen typische ITO-Szenarien dar, bei denen ein Kunde Softwareentwicklungsaktivitäten an zwei Anbieter ausgelagert hat. Der Hauptlieferant in beiden Projekten war ein führender ITO-Dienstleister, der die unternehmenseigenen Service Delivery Center in Indien und den Philippinen einsetzte, um die meisten Aufgaben der Softwareentwicklung durchzuführen. Die Datenerhebung in beiden Fällen umfasste 40 Interviews, 205 Antworten einer Online-Befragung, Beobachtungen vor Ort aus zwei einwöchigen Besuchen sowie die Erfassung und Analyse von Dokumenten (z.B. Verträge, Statusberichte, Ereignisberichte, Kundenzufriedenheitsumfragen). Es wurden acht kulturelle Muster der nationalen Kultur, der Organisationskultur und der Team- (oder Projekt-) Kulturstufen identifiziert. Bspw. kann das Organisationskulturmuster des Kunden am besten als „Unternehmenskultur“ mit hoher Hierarchieebene, spezifischem Kompromissfokus und gemischtem Standardisierungsgrad beschrieben werden, während die Organisationskultur des Anbieters in Deutschland als „kundenorientierte Beratung“ bezeichnet werden kann. Neben den unterschiedlichen kulturellen Mustern auf den verschiedenen kulturellen Ebenen wurde ein allgemein negativer Einfluss der verschiedenen kulturellen Muster auf das Verhältnis zwischen den beteiligten Nationalitäten, Organisationen und Teams festgestellt. Schließlich identifizierten die beiden Fallstudien besondere Managementaktivitäten zur Minderung der identifizierten kulturellen Musterunterschiede innerhalb der beiden ITO-Kunden-Lieferanten-Beziehungen. Diese Minderungsaktivitäten umfassen die Etablierung einer Ein-Team-Kultur, detaillierte Deeskalationsroutinen, persönliche Bindung zwischen den Schlüsselmitgliedern und die Verwendung eines agilen Softwareentwicklungsansatzes auf der Grundlage verteilter Scrum-Teams. Ein weiteres Phänomen, welches in der Studie zudem beobachtet wurde, war die Erzeugung von relationaler Flexibilität als einem wichtigen Treiber für den Erfolg des ITO. Es zeigte sich insb. eine mildernde Wirkung der relationalen Flexibilität auf kulturelle Unterschiede zwischen dem Kunden und dem Lieferantenunternehmen.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • 2019. “Opening the Black Box of Advisors in Information Technology Outsourcing: An Advisory Activity Model.” Communications of the Association for Information Systems 44 (1), 37
    Linden, R.; Rosenkranz, C.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.17705/1CAIS.04437)
 
 

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