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Praktische Körper

Fachliche Zuordnung Praktische Philosophie
Förderung Förderung von 2015 bis 2019
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 281525915
 
Der innerhalb der Sozial- und Kulturwissenschaften ab Mitte des 20. Jahrhunderts vollzogene practice turn bildet einen Wandel im theoretischen Zugriff auf Beschreibungen des Sozialen ab, der in einer Abkehr von dualistischen Theorieansätzen ihren Ausgang nimmt. Die Betrachtung der Praktik als "kleinste Einheit des Sozialen" steht dabei für den Versuch, Engführungen mentalistischer oder strukturalistischer Ansätze zu umgehen und so dem Sozialen in seinem Vollzug selbst näherzukommen. Neben einer Fokussierung auf eine implizite Logik der Praxis und Orientierung entlang der Wiederholung und Verschiebung von sozialen Praktiken steht die Körperlichkeit bzw. Materialität im Zentrum der theoretischen Aufmerksamkeit. Aufgrund dieser noch jungen Theoriebewegung wird jedoch insbesondere die Körperlichkeit von Praktiken als Problemtitel sichtbar, da sich bislang über den Körper als Analysekategorie noch kein Konsens herausgebildet hat. Das Projekt sieht daher eine Grundlagendiskussion dieser Analysekategorie als Voraussetzung dafür an, ein praxistheoretisches Forschungsprogramm auch für die Zukunft produktiv nicht nur für die Sozial- und Kultur-, sondern auch für die Geisteswissenschaften zu machen. Die aus phänomenologischen Ansätzen bekannte Unterscheidung von Leib und Körper stellt der (wie im cartesischen Geist-Materie-Dualismus) Gegenständlichkeit des Körpers differenziell eine Erfahrungsdimension zur Seite, die nicht selbst dichotomisch motiviert ist. Denn Leib und Körper bezeichnen nicht zwei "Dinge", sondern zwei Perspektiven auf "dasselbe", in denen dem Leib die Rolle als Möglichkeitsbedingung der Erfahrung von Sozialität zufällt. Das Projekt verfolgt daher in zwei Projektteilen das Ziel, die begrifflichen Strategien und Operationen im Hinblick auf die Körperkonzepte zu untersuchen: Im ersten Projektteil werden proto-kanonische Theorien des 20. Jahrhunderts zum Untersuchungsgegenstand, die für zeitgenössische Praxistheorien wegweisend sind und an deren Körperbegriffe angeschlossen wird (Pierre Bourdieu, Judith Butler und Michel Foucault). Im zweiten Projektteil werden heutige Praxeologien zum Gegenstand, die in ihrer Forschungspraxis auch empirisch am Körper interessiert sind. Die genuine philosophische Aufgabe besteht darin, eine Begriffsreflexion vorzunehmen, die von der empirischen Soziologie selbst nicht zu leisten ist. Mit diesen Forschungen ist schließlich die Erwartung verbunden, dass praxistheoretische Einsichten auch für die Phänomenologie selbst begrifflich-methodische Neuerungen ergeben, die die Phänomenologie als Praxistheorie verstehen lassen.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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