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Dissense in der Philosophie. Semantische und epistemologische Grundlagen

Antragstellerinnen / Antragsteller Professorin Dr. Elke Brendel; Professor Dr. Thomas Grundmann
Fachliche Zuordnung Theoretische Philosophie
Förderung Förderung von 2015 bis 2019
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 283100111
 
Der Dissens ist in den Wissenschaften ein Motor des Fortschritts. Er macht die Beteiligten auf eigene Fehler aufmerksam und ermöglicht so deren Korrektur. Lassen sich Dissense jedoch nicht auflösen, dann gibt es offenbar einen rationalen Druck auf alle Beteiligten, das eigene Urteil abzuschwächen oder sogar ganz zurückzunehmen. Wenn es in einer Disziplin regelmäßig zu solchen unauflösbaren Dissensen kommt, dann ist die epistemische Integrität der ganzen Disziplin in Gefahr. Die Philosophie scheint diese Bedingung, zumindest prima facie, geradezu paradigmatisch zu erfüllen. Um diese Einschätzung fundiert bewerten zu können, wird das vorliegende Projekt zunächst die Semantik und die Epistemologie von Dissensen genauer untersuchen. Beide Themengebiete gehören derzeit zu den 'hot topics' in der internationalen Forschungsdiskussion. Bislang wurden sie jedoch weitgehend isoliert voneinander untersucht. Dieses Projekt will dagegen das Zusammenspiel der Semantik und Epistemologie des Dissenses thematisieren und die Ergebnisse für die Analyse paradigmatischer philosophischer Dissense fruchtbar machen. Im semantischen Teil (Projektteil A) wird untersucht, in welchen Formen Dissense auftreten können und welche Arten von Dissensen überhaupt implizieren, dass nur eine Partei recht haben kann. Ein Schwerpunkt dieses Projektteils wird zudem auf der Frage liegen, wie sich bloße Pseudo-Dissense, in denen die Parteien aneinander vorbei reden, theoretisch modellieren und praktisch erkennen lassen. Vor diesem Hintergrund soll vor allem auch die aktuelle Debatte um sogenannte 'fehlerfreie Dissense' analysiert werden. Des Weiteren gilt es, Fragen nach der Möglichkeit und semantischen Modellierung von Dissensen im Rahmen kontextualistischer und relativistischer Positionen zu beantworten. Im erkenntnistheoretischen Teil (Projektteil B) soll genauer untersucht werden, ob und wenn ja, unter welchen allgemeinen Voraussetzungen ein unauflösbarer substanzieller Dissens rational die Urteilsenthaltung beider Parteien verlangt. Diese Voraussetzungen betreffen zum einen die Logik der Anfechtung und zum anderen die Frage, ob dieselben Gründe unter bestimmten Bedingungen verschiedene Urteile rechtfertigen können. Im Anwendungsteil des Projekts (Projektteil C) soll schließlich untersucht werden, inwieweit in der Philosophie tatsächlich substanzielle Dissense vorliegen und wie wir uns diesen Dissensen gegenüber rational verhalten sollten. Dazu sind sowohl generelle Überlegungen zum Status der Philosophie als auch zwei Fallstudien zu Dissensen in der gegenwärtigen Erkenntnistheorie geplant. Auf diesem Weg soll eine zumindest partielle Antwort auf die Frage ermöglicht werden, ob die epistemische Integrität der Philosophie durch ihre vielen unauflösbaren Dissense tatsächlich bedroht wird.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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