Kultur - Macht - Identität. Eine vergleichende Untersuchung der Machtstrukturen in der Kultur am Beispiel des deutsch- und des kroatischsprachigen Theaters in Kroatien im 19. Jahrhundert
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Dieses Forschungsprojekt untersucht die Rolle und Bedeutung des deutsch- und kroatischsprachigen Theaters bei der kulturellen Identitätsstiftung in Kroatien im 19. Jahrhundert. Behandelt werden komplexe und vielschichtige Beziehungen, die zwischen dem dominierenden deutschsprachigen und dem erst entstehenden nationalen Theater herrschten und die kulturelle Identitätsstiftung der multiethnischen Bevölkerung entscheidend prägten. Zwei Fragen stehen im Mittelpunkt des Forschungsinteresses: Einerseits geht es um den Einfluss des Nationalismus auf den Stellenwert sowie die Funktionen des Theaters und andererseits um die Wechselbeziehungen, die sich zwischen dem deutsch- und kroatischsprachigen Theater herausgebildet haben. Der besondere Stellenwert, den das Theater als öffentlicher Treffpunkt der urbanen Gesellschaft und führendes Massenmedium bei der Pflege und Verbreitung kollektiver Identitäten im 19. Jahrhundert gewonnen hat, wird im Projekt in drei Fallstudien behandelt. Hier geht es um drei kroatische Theaterzentren — Zagreb, Osijek, Varaždin —, die sich alle aus der langen Tradition des professionellen deutschen Theaters entwickelt haben. Politische Transformationen, die im Vormärz einsetzen und die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts prägen, spielen in der Untersuchung eine ausschlaggebende Rolle, da aus den politischen auch kulturelle Transformationen hervorgingen. Das zentrale Ergebnis des Projektes illustriert die enge Verbindung zwischen der Entstehung des modernen Nationalstaates, seiner kulturellen Fundierung und der ideologischen Homogenisierung kultureller Identitäten bei der ausgerechnet das Theater eine besondere Bedeutung erlangte. Die Funktionen des deutsch- und kroatischsprachigen Theaters sowie ihre gegenseitigen Wechselbeziehungen werden in den drei Fallstudien eingehend behandelt. Die unterhaltende und künstlerische Funktion des deutschsprachigen Theaters sowie sein essenzieller Beitrag zur Entstehung der professionellen Theaterkultur in Kroatien werden mit der ideologischen Instrumentalisierung des kroatischen Theaters zum Zweck der kollektiven Identitätsstiftung kontrastiert. Besondere Aufmerksamkeit wird in diesem Kontext der Entstehung der institutionellen Kulturpolitik in Kroatien gewidmet sowie ihrer Aufgabe, die Nationalkultur zur Leitkultur zu erheben. Als theoretische Basis dienen Ernest Gellners und Miroslav Hrochs Thesen über die kulturelle Nationsbildung und die Erkenntnisse aus dem Bereich der postkolonialen Studien.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
-
2016. „24. November 1860: Vertreibung des deutschen Theaters aus Zagreb und internationale Rezeption“. In: Branko Hećimović (Hg.), Krležas Tage in Osijek 2015 [Kležini dani u Osijeku 2015], 50–60 (Zagreb - Osijek: HAZU, Philosophische Fakultät Osijek). ISBN 978-953-347-129-7
Weber-Kapusta, Danijela
-
„Theater – Identität – Theaterhistoriographie“ [„Kazalište – identitet – kazališna historiografija“]. In: Lada Čale Feldman und Višnja Rogošić (Hg.), Festschrift für Boris Senker [Pozornici ususret], 223–235 (Zagreb: Philosophische Fakultät Zagreb)
Weber-Kapusta, Danijela
-
„Travelling Theatre Companies and Transnational Audience. A Case Study of Croatia in the Nineteenth Century“. In: Journal of Global Theatre History, Vol. 2, No. 1 (2017), 1–21
Weber-Kapusta, Danijela
-
2022. „Deutschsprachiges Theater in Zagreb und die Vielschichtigkeit der kulturellen Identität im 19. Jahrhundert“. In: Zagreber Germanistische Beiträge. Vol. 10, (2022), 127–140. ISSN 1330-3481
Weber-Kapusta, Danijela
-
Migration and the Expansion of German-Language Theatre in the Habsburg Monarchy: Reflecting on Internal Colonisation and Cultural Assimilation. European Theatre Migrants in the Age of Empire, 157-172. Springer Nature Switzerland.
Weber-Kapusta, Danijela
