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Transtextuelle Technik in der aristophanischen Komödie

Antragstellerin Dr. Claudia Michel
Fachliche Zuordnung Griechische und Lateinische Philologie
Förderung Förderung von 2016 bis 2020
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 288600178
 
Erstellungsjahr 2021

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Die aristophanische Komödie verwendet eine Vielfalt literarischer Bezüge zu verschiedenen Genres, die bisher in meist gattungsbezogenen Teilbereichen untersucht wurden. Das Forschungsprojekt versucht, dieses Netzwerk literarischer Beziehungen gattungsübergreifend für das gesamte erhaltene Werk zu analysieren. Das Transtextualitätsmodell von G. Genette bietet ein geeignetes und durch seine Reflexion antiker Literaturtheorie kompatibles methodisches Instrumentarium, um eine solche Pluralität literarischer Bezüge zu beschreiben. Dabei hat sich für jedes Stück ein signifikantes Bezugsmuster, ein transtextueller ‚Fingerabdruck‘, ergeben: In den Acharnern konzentrieren sich vielfältige literarische Bezüge in der Sprache des komischen Helden. Weiter zeigt sich, dass die Parodien des Tēlephos des Euripides, dem wichtigsten Hypotext, auffallend häufig mit einer Verspottung des Politikers Kleon verbunden sind. Die Sprache des anfangs ungebildeten Wursthändlers in den Rittern entwickelt eine zunehmende Dichte literarischer Bezüge. Eine doppelte Verwendung bestimmter literarischer Bezüge ist zudem eingesetzt, um eine Spiegelung der Antagonisten zu erzielen. Eine bisher unbeachtete tragische Parodie scheint in den Wolken vorzuliegen: in Anfangs- und Schlussszene klingt wohl bewusst der König Ödipus des Sophokles an. Tragische Parodie unterstreicht in den Wespen die Gerichtspassion des Helden; literarische Bezüge sind zudem eingesetzt, um den Literaturgeschmack der Marathonveteranen gegenüber der neuen Generation abzusetzen. Der Anfang des Friedens konstituiert sich aus einer Überschneidung zweier zentraler Hypotexte, der äsopischen Fabel von Mistkäfer und Adler und der Tragödie Bellerophontēs des Euripides; diese Bezugskombination wird bis hinter die Parabase immer wieder aufgerufen. In den Vögeln sind literarische Bezüge besonders zur Beschreibung der Vögel sowie zur Konstruktion der Utopien ihres Herrschaftsanspruchs und der Vogelstadt verwendet. Für Lysistrate ist neben der Assoziation der Protagonistin mit einer tragischen Heldin eine signifikante Verbindung von lakonischem Dialekt und literarischen Bezügen festzustellen. Die Thesmophoriazusen geben nicht nur eine parodische Retrospektive euripideischer Tragödie, selbstreferentiell durch die Parodie des Tēlephos, zentraler Hypotext der Acharner, sondern schreiten dabei auch verschiedene hypertextuelle und intertextuelle Verfahren ab. Die zunehmende Schriftlichkeit der Tragödie schlägt sich in den Fröschen im Dichterwettstreit in expliziten Zitaten, aber auch in der mangelhaften Zitierfestigkeit des lesenden Theatergottes Dionysos nieder. Anders als in Lysistrate hinterfragen die tragischen Bezüge in den Ekklesiazusen die Heldin; Bezugsvielfalt zeigt sich im Kontrast zwischen ihrem an Platons Staat anklingenden politiktheoretischen Programm und der Lyrikparodie bei dessen praktischer Umsetzung. Tragische Parodie ist im Plutos anfangs mit dem Orakel Apolls verknüpft. Die Sprache des komischen Helden kennzeichnet Bezugsvielfalt, Penia ist mit einer Tragödienfigur assoziiert. Fragmente mit transtextuellen Bezügen sind möglichst vollständig erfasst; die aus den erhaltenen Stücken gewonnenen Ergebnisse präzisieren die Einordnung ihres Sprachstils.

 
 

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