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PRESS: Prädiktoren der Entwicklung suizidaler Gedanken und suizidalen Verhaltens im Längsschnitt. Eine Evaluation der Interpersonalen Theorie suizidalen Verhaltens

Fachliche Zuordnung Persönlichkeitspsychologie, Klinische und Medizinische Psychologie, Methoden
Förderung Förderung von 2016 bis 2021
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 288645884
 
Erstellungsjahr 2020

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Das Projekt hatte das Ziel, den Einfluss zentraler Entwicklungsdeterminanten suizidaler Gedanken und Verhaltensweisen bei einer Hochrisikostichprobe von stationär-psychiatrischen Patienten nach einem Suizidversuch bzw. mit akuter Suizidalität prospektiv zu untersuchen. Der Fokus lag dabei auf der Untersuchung spezifischer Wirkungszusammenhänge der Modellvariablen der Interpersonalen Theorie suizidalen Verhaltens (ITSV) nach Joiner. Insgesamt wurden 308 Patienten (53 % weiblich) im Alter von 18 bis 81 Jahren (M = 36.92, SD = 14.30) innerhalb von maximal 14 Tagen nach stationär-psychiatrischer Aufnahme aufgrund eines Suizidversuchs (53 %) oder aufgrund akuter Suizidalität (47 %) in die Studie eingeschlossen (T0). Die teilnehmenden Personen wurden dabei mittels strukturierten Interviews und Fragebögen bezüglich suizidaler Gedanken und Verhaltensweisen, ihrer psychischen Befindlichkeit und lebensgeschichtlichen Risikofaktoren (Perceived Burdensomeness (PB), Thwarted Belongingness (TB), Capability for Suicide (CS), Vorliegen einer psychischen Störung, Depressivität, Hoffnungslosigkeit, Impulsivität, Defeat, Entrapment) befragt. Zudem erfolgte eine Untersuchung der Schmerzwahrnehmung und die Entnahme einer Speichelprobe zur Bestimmung des 5-HTTLPR-Polymorphismus. Nach jeweils 6 (T1), 9 (T2) und 12 (T3) Monaten wurden die teilnehmenden Personen nochmals mittels Fragebögen und Interviews (telefonisch oder persönlich) untersucht. Von den ursprünglich 308 eingeschlossenen Patienten konnten 170 (55%) zu T3 nachuntersucht werden. Die zentrale Fragestellung, ob entsprechend der ITSV das gemeinsame Auftreten von TB, PB und CS Suizidversuche im Untersuchungszeitraum prospektiv vorhersagt, konnte nicht bestätigt werden. Es zeigte sich aber ein signifikanter Haupteffekt von PB. Auch die querschnittliche Analysen zur Vorhersage von passiven und aktiven Suizidgedanken an den Daten, die zu T0 erhoben wurden, bestätigte die Annahmen der ITSV nicht, auch wenn es einzelne bivariate Zusammenhänge gab, die erwartungsgemäß ausfielen. Auch hier trat PB als relevante Variable hervor, nicht aber die theoretisch postulierten Interaktionen der verschiedenen Variablen der ITSV. Auch in Mehrebenenanalysen über alle vier Messzeitpunkte zeigte sich PB als relevanter Prädiktor. Insgesamt zeigte sich also, dass vor allem PB ein relevanter Risikofaktor für suizidale Erlebens- und Verhaltensweisen darstellt. Auch wenn mit dem Projekt gezeigt werden konnte, dass es möglich ist in dieser schwer erreichbaren Stichprobe eine prospektive Studie durchzuführen, konnten die theoretisch postulierten Annahmen im wesentlich nicht bestätigt werden. Da es bislang kaum Studien gibt, die Annahmen der ITSV prospektiv untersucht haben, stellen die Befunde der Studie zwar einen wichtigen Meilenstein in der empirischen Untersuchung der ITSV dar, es werden aber dennoch weitere Studien benötigt, um diese Befunde abzusichern. Grundsätzlich spricht die aktuelle Befundlage dafür, dass es komplexere Modelle zur Vorhersage von suizidalem Verhalten braucht. An diesem Punkt soll auch in Reaktion auf die Befunde des Projektes weitergearbeitet werden.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • (2019). Do suicide attempters and suicide ideators differ in capability for suicide? Psychiatry Research, 275, 304–309
    Paashaus, L., Forkmann, T., Glaesmer, H., Juckel, G., Rath, D., Schönfelder, A. et al.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1016/j.psychres.2019.03.038)
  • (2019). Positive mental health moderates the association between suicide ideation and suicide attempts. Journal of Affective Disorders, 245, 246–249
    Brailovskaia, J., Forkmann, T., Glaesmer, H., Paashaus, L., Rath, D., Schönfelder, A. et al.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1016/j.jad.2018.11.005)
  • (2020). Pain persistence and lethality of suicide attempts. Clinical Psychology & Psychotherapy
    Paashaus, L., Forkmann, T., Glaesmer, H., Juckel, G., Rath, D., Schönfelder, A. et al.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1002/cpp.2438)
  • (2020). Psychometric evaluation of the Interpersonal Needs Questionnaire (INQ) using item analysis according to the Rasch model. PLoS ONE, 15(8), e0232030-e0232030
    Upegui-Arango, L. D., Forkmann, T., Nielsen, T., Hallensleben, N., Glaesmer, H., Spangenberg, L. et al.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1371/journal.pone.0232030)
  • (2020). The role of the 5-httlpr polymorphism in acquired capability for suicide. Suicide and Life-Threatening Behavior
    Wannemueller, A., Forkmann, T., Glaesmer, H., Juckel, G., Paashaus, L., Rath, D. et al.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1111/sltb.12660)
  • (2020). Validation of the German Capability for Suicide Questionnaire (GCSQ) in a High Risk Sample of Suicidal Inpatients. BMC Psychiatry, 20:412
    Cwik, J. C., Forkmann, T., Glaesmer, H., Paashaus, L., Schönfelder, A., Rath, D. et al.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1186/s12888-020-02812-9)
  • (2020). Validation of the motivational phase of the integrated motivational–volitional model of suicidal behavior in a German high-risk sample. Journal of Affective Disorders, 274, 871–879
    Lucht, L., Höller, I., Forkmann, T., Teismann, T., Schönfelder, A., Rath, D. et al.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1016/j.jad.2020.05.079)
 
 

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