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Die Legionen des Papstes II: Eine Fallstudie zu sozialer und politischer Transformation

Fachliche Zuordnung Politikwissenschaft
Förderung Förderung von 2015 bis 2023
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 288978882
 
Legionen des Papstes ist eine Fallstudie zu einem religiösen Akteur (dem Papsttum) und einer religiösen Praxis (dem Pilgern), die zentrale Fragen der Politikwissenschaft behandelt. Das Interesse des Projekts am Wandel der Kategorien des Nationalstaats und der Weltgesellschaft verortet es im sich entwickelnden Feld der Soziologie der Internationalen Beziehungen. Der Schwerpunkt des Interesses liegt dabei auf den Transformationsprozessen der Globalisierung und Europäisierung und ihren Auswirkung auf Machtkonfigurationen. Das Projekt folgt einer konstruktivistischen Agenda und geht davon aus, dass Handlungsfähigkeit, Praxis und Identität die zentralen Faktoren des Wandels sind. Die Rolle der Religion ist eingebettet in das breitere Thema politischer Zugehörigkeit und der Frage, wie eine soziale Praxis Ideen in Macht verwandeln kann. Die Rolle einer religiösen Gemeinschaft in einer säkularen Umgebung, hier des Papsttums in Europa, dient als kritischer Testfall für Akteursqualität und Handlungsfähigkeit. Pilgerpäpste (Päpste, die die Welt bereisen) und Papstpilger (die Besuchermassen beim Papst in Rom oder auf seinen Reisen) werden analysiert, um zu zeigen wie Massenmobilisierung zum Wiederaufstieg einer ehemaligen Großmacht als transnationaler Akteur in einer post-nationalen Gesellschaft beitragen kann. Die Ergebnisse beleuchten Transformationen von Ordnungsstrukturen und die Frage nach der Handlungsfähigkeit in diesen Transformationen. Legionen des Papstes untersucht wie Pilger die öffentliche und politische Beständigkeit einer religiösen Gemeinschaft im Prozess der Modernisierung sichern und wie sie öffentliche Diskurse und politische Entscheidungen beeinflussen können. Pilgern ist eine soziale Praxis, die Gläubige sichtbar werden lässt und die Umwandlung geistlicher in politische Macht ermöglicht: die Pilger sind die sichtbar paradierenden Legionen des Papstes. Pilgerschaft ist eine besondere Parade, weil es eine Identitätskonstruktion auf der Basis von Erfahrung, Diskurs und Vorstellung erlaubt. Benedict Anderson hat in seinem einflussreichen Werk Imagined communities (Anderson 1983) zeigen können, wie wichtig eine säkulare Version der Pilgerschaft für die Etablierung nationaler Identitäten in früheren Kolonialgebieten war. Legionen des Papstes zeigt wie eine religiöse Form der Pilgerschaft durch das Papsttum erfunden wurde, um eine neue Vorstellung gläubiger Gemeinschaft zu schaffen. Durch die Erfahrung der Pilgerschaft und die Narrative, die für wahr gehalten und während und nach einer solchen Pilgererfahrung interpretiert und vermittelt werden, wird die Identität von Individuen und Gemeinschaften stabilisiert und gestärkt und kann wieder- oder neu erfunden werden. Diese Erfahrungen haben öffentlichen und politischen Einfluss. Wie bei Andersons Fallstudie der Nationalismus dem Staat Glaubwürdigkeit und Legitimität verleiht, so verleiht die Pilgerschaft der religiösen Institution Glaubwürdigkeit und Legitimität.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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