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Die Legionen des Papstes II: Eine Fallstudie zu sozialer und politischer Transformation

Fachliche Zuordnung Politikwissenschaft
Förderung Förderung von 2015 bis 2023
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 288978882
 
Erstellungsjahr 2024

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Trotz eines stetigen Säkularisierungsdrucks behielt der Heilige Stuhl seinen Status als Völkerrechtsubjekt und gewann als religiöser Akteur in einer pluralen Weltöffentlichkeit an Statur. Das Papsttum bietet sich mit dieser überraschenden Resilienz als Testfall für die Frage nach der Macht in der politischen und sozialen Transformation der Internationalen Beziehungen und der globalen Öffentlichkeit an. Zu einem hard case wird der Fall des Papsttums dann, wenn auf die Resilienz im säkularisierten Europa fokussiert wird. Die forschungsleitende These des Projekts behauptete, dass die römische und weltweite Massenmobilisierung von Pilgern die Machtgrundlage des Papsttums darstellen. Churchills legendäre Antwort auf die Frage Stalins nach den Legionen des Papstes, sie seien nicht immer sichtbar auf Parade, müsste dahingehend ergänzt werden, dass gerade ihre wiederkehrende Sichtbarkeit entscheidend zur Wahrnehmung päpstlicher Macht beitrug. Sichtbar wird diese Machtbasis an den konkreten Orten der Öffentlichkeit. Neben dem Petersplatz wäre an die Weltjugendtage zu denken, die auch säkularen Metropolen für ein paar Tage ein religiös-jugendliches Gepräge geben können. Traditionelle Orte der katholischen Pilgermobilisierung sind marianische Wallfahrtstätten, die von Päpsten auf Pilgerreisen besucht werden. Zur Resonanzverstärkung muss das Bild der Pilgermassen um den Papst durch die Medien transportiert werden. Der Vatikan unterhält eigene Massenmedien und ist in den sozialen Medien präsent. Der Papst setzt sich visuell in Szene und publiziert unentwegt zu einer großen Bandbreite von politischen Themen. So wird auch jede Begegnung mit den Pilgermassen zur Ansprache genutzt, die auf der Website des Heiligen Stuhls Jahrzehnte zurückreichend in mehreren Übersetzungen vorgehalten werden. Die zweite Ebene der Resonanzverstärkung erfolgt auf der Bühne der Diplomatie und obliegt der Kurie. Im Ergebnis ließ sich feststellen, dass das Papsttum die Massenmobilisierung durch die Inszenierung von Pilgerereignissen in Rom, beispielsweise die Heiligen Jahre, und weltweit durch das Reisepapsttum gezielt und erfolgreich fördert. Unter dem Säkularisierungsdruck der Moderne hielt das Papsttum nicht nur seine Position, sondern war in der Lage, diese auszubauen. So stieg die Zahl der Staaten, mit denen der Heilige Stuhl volle diplomatische Beziehungen unterhält, genauso an wie die interreligiösen und postsäkularen Dialogformate vor der Weltöffentlichkeit. Auch im säkularen Europa war das Papsttum in der Lage durch Pilgerreisen Impulse für die Prägung geopolitischer Wallfahrtslandschaften zusetzen. Während sich die Akteursqualität über diese Anstrengungen für das Papsttum sichern ließ, war die päpstliche Diskursmacht weniger durchsetzungsstark. U.a. am Beispiel des päpstlichen Migrationsdiskurses ließ sich an einer umfangreichen Dokumentenanalyse zeigen, dass auch ein ausgeprägtes Engagement des Papstes nicht ausreichte, die Politik zu beeinflussen.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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