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Die Geburt des Geoengineerings. Großbauprojekte in der Frühphase des Anthropozäns (1850-1950)

Fachliche Zuordnung Wissenschaftsgeschichte
Förderung Förderung von 2016 bis 2020
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 289864306
 
Die Debatte um das Anthropozän hat den Rahmen des geowissenschaftlichen Diskurses gesprengt und sich inzwischen auch in den Kultur- und Sozialwissenschaften zu einem breitdiskutierten Konzept entwickelt, das Verhältnis von Umwelt und Gesellschaft und die sich verwischenden Grenzen zwischen Natur und Kultur neu zu denken. Auch wenn mittlerweile erste Ansätze einer produktiven Umsetzung des Konzepts in der geschichtswissenschaftlichen Praxis vor allem im Bereich der Umweltgeschichte vorliegen, ist das heuristische und analytische Potential des Anthropozän-Konzepts noch kaum ausgelotet. Wie verändert der anthropozäne Perspektivenwechsel die zeitlichen Narrative der Geschichtswissenschaft und wie wirken die unterschiedlich diskutierten Vorschläge für eine Periodisierung des Anthropozäns auf die Konzepte in Umwelt-, Technik-, Wissenschafts- und Globalgeschichte zurück? Eine der aktuellsten Diskurse, die eng mit den Debatten um das Anthropozän verknüpft ist, ist jener um das Geoengineering. Auch wenn die Visionen zur Erdgestaltung weit älter sind, die Möglichkeit, einen Teil der Erdsysteme und damit auch des Klimasystems zu formen, beginnt in der Frühphase des Anthropozäns (1850-1950), als durch Großbauprojekte jahrmillionenalte natürliche Formationen durchstochen und umgeformt wurden. Hier schlägt die Geburtsstunde des Geoengineering; hier wird die Bewusstwerdung der gewaltigen menschlichen Handlungsmacht erstmals in den Großbauprojekten sichtbar. Die mit Ihnen verbundenen Reflexionen und Geschichten von der Kontrolle über die Natur, die Hoffnung auf billige Energie für alle, aber auch von Investitionsruinen, dem Scheitern an der Natur und der tödlichen Katastrophen bilden eine maßgebliche Grundlage für eine kritische Debatte um das Climate Engineering heute. Vor diesem Hintergrund sollen in dem vorliegenden Vorhaben Großbauprojekte als Brennglas dienen, um die "Geburt" des Geoengineerings, seine Voraussetzungen, Auswirkungen und Wahrnehmungen sichtbar zu machen. Geoengineering-Projekte wie die Durchstiche großer Gebirgsketten durch Eisenbahntunnel, der Bau von Meereskanälen und die Konstruktion von gewaltigen Staudämmen, sind die frühen Flaggschiffprojekte menschlicher Versuche, die geomorphologische Erscheinung der Erde zu verändern. Ausgehend von einer Umdefinition und Ausdifferenzierung des Begriffs des Geoengineerings als bewusste groß-dimensionierte Veränderung von Teilen der Geosphäre durch den Menschen nutzt das Vorhaben eine globale Auswahl solcher Unternehmungen als Fallstudien, um historische Sichtachsen auf die Frühphase des Anthropozäns zu schlagen. Diese Erzählung, die sich entlang von Umwelt-, Technik-, Wissenschafts- und Globalgeschichte bewegt, versucht das heuristische und analytische Potential des Anthropozäns auszuleuchten und zudem den Rahmen neu zu justieren, in dem sich die Historisierung und Periodisierung des Konzeptes vollzieht.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
Kooperationspartner Professor Dr. Wolfram Mauser
 
 

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