Visuelle Aufmerksamkeit und Prädiktion in der fernen Peripherie
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Die Inhomogenität des visuellen Systems birgt eine besondere Herausforderung für die Informationsverarbeitung. Gravierende Differenzen in der räumlichen Auflösungsfähigkeit stellen einen zentralen Aspekt dieser Inhomogenität dar: Während die räumliche Auflösung für Objekte, die in das Zentrum der Retina - die Fovea - fallen, sehr hoch ist, nimmt der Grad der räumlichen Auflösung in der Peripherie rapide ab. Periphere Objekte werden somit, im Gegensatz zu fovealisierten Objekten, nur noch sehr grob abgebildet. Zwei wirksame Kompensationsmechanismen erlauben es dieser Herausforderung zu begegnen: Aufmerksamkeit und Prädiktion. Doch obwohl visuelle Aufmerksamkeit, sowohl in Kombination mit prädiktiven Prozessen als auch allein (prädiktive Hinweisreize vs. nicht-prädiktive Hinweisreize, exogene vs. endogene Aufmerksamkeit) eines der meist untersuchtesten Themen der Experimental- und Wahrnehmungspsychologie darstellt, wird Wissen über visuelle Aufmerksamkeit und prädiktionsbezogene Prozesse durch einen häufig außer Acht gelassenen Faktor beschränkt — die Größe eines handelsüblichen Computerbildschirms. Die überwiegende Mehrheit an Studien nutzt maximal Exzentrizitäten bis zu 25°, in selteneren Fällen bis zu 30°. Aufgrund der inhärenten Inhomogenität des visuellen Systems, insbesondere der Retina, war zu Beginn des Projekts fraglich, ob aufmerksamkeitsbezogene Prozesse jenseits der nahen Peripherie (> 25°) in ähnlicher Weise wirken. Dies gilt aufgrund der engen Kopplung von visueller Aufmerksamkeit und Augenbewegungen insbesondere für die ferne Peripherie jenseits des effektiven okulomotorischen Bereichs (EOMR). Entgegen diesen Erwartungen konnte in verschiedenen Varianten des räumlichen Hinweisreizparadigmas in Kombination mit Diskriminationsaufgaben gezeigt werden, dass unter Verwendung einer Diskriminationsaufgabe anstelle einer Detektionsaufgabe visuelle Aufmerksamkeit auch in der fernen Peripherie wirksam ist.