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Esoterik auf Bali zwischen Tradition und Globalität

Fachliche Zuordnung Religionswissenschaft und Judaistik
Evangelische Theologie
Förderung Förderung von 2016 bis 2022
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 298972399
 
Erstellungsjahr 2022

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Esoterische Bewegungen haben sich in den letzten Jahrzehnten auch auf der indonesischen Insel Bali ausbreiten können. Dabei sind sie auf zum Teil substantielle Weise mit dem dortigen religiösen Kontext verschmolzen und haben (nicht zuletzt durch den Tourismus) auch international an Aufmerksamkeit gewonnen. Doch trotz dieser Etablierung auf der globalen esoterischen Landkarte waren esoterische Bewegungen auf Bali bislang praktisch unerforscht. Diese Leerstelle wurde durch das vorliegende Projekt nun gefüllt, indem es die derzeit sichtbarsten Repräsentanten der balinesischen Esoterik (Ratu Bagus, Ketut Arsana, Seruling Dewata, Seger Oger und Yoga Barn) im Rahmen umfangreicher ethnographischer Forschungen untersucht und in den größeren diskursiven Kontext eingeordnet hat. Folgende konzeptuelle Grundannahmen bildeten die Basis der Forschung: (1) Bei Religion und Kultur Balis handelt es sich nicht um abgeschlossene, ausschließlich aus der lokalen Geschichte der Insel herleitbare Größen. Vielmehr werden Religion, Kultur und Identität als Diskurse verstanden, die auf Bali maßgeblich durch die fundamentalen Umwälzungen der Kolonialzeit bedingt sind, in der sich die balinesischen Gesellschaften tiefgreifenden Wandlungsprozessen ausgesetzt sahen. (2) Auch bei Esoterik handelt es sich um einen globalen Diskurs, dessen konkrete Ausprägung sich dennoch je nach Kontext unterscheiden kann. Im Vorfeld durchgeführte explorative Studien hatten bereits starke Hinweise darauf zutage gefördert, dass Esoterik auf Bali fest mit zentralen Diskursen/Konzepten der ‚traditionellen‘ Kultur verschmolzen ist – und daher von einem genuin westlichen Charakter der Esoterik keine Rede sein kann. Die zentralen Forschungsziele bestanden in der Darstellung von Lehre und Praxis der einzelnen Bewegungen (einschließlich der Transformationsprozesse, die diese im Lauf der Zeit durchgemacht haben) sowie in der Charakterisierung der Anhängerschaften der verschiedenen Bewegungen (dies umfasste sowohl statistische Daten als auch persönliche Motivation, biographische Narrative etc.). Als wichtigste Ergebnisse lassen sich zusammenfassen: (1) Die Positionierung als ‚esoterisch‘ markiert keineswegs die einzige Identifizierung der untersuchten Bewegungen, sondern steht stets neben einer Positionierung als ‚hinduistisch‘. Damit bestätigt sich eine der zentralen Grundannahmen des Projekts. Schnittstelle beider Diskurse bildet dabei in erster Linie das Konzept (ganzheitlicher) Heilung. (2) Heilung ist im Diskurs eng mit Heil verbunden, wobei beide Konzepte emanzipatorische Funktion haben: Die Erfahrung der Ermächtigung in Bezug auf Heilung läuft parallel zur religiösen Emanzipation. Hieraus folgt ein weiteres zentrales Ergebnis dieser Arbeit: Personen und Gruppen aus dem Feld der balinesischen Esoterik partizipieren an Debatten um den sozialen und religiösen Wandel, und zwar in derselben Weise, wie dies bereits für neohinduistische Gruppen auf Bali beschrieben wurde. (3) Durch den situativen, unverbindlichen Zugang zu dem Bezugsfeld religiöser Sinndeutung präsentieren sich die untersuchten Akteure gleichzeitig als Teil eines spirituellen Dienstleistungssektors auf Bali, der einen elitären globalen Markt anspricht, der sich aus wohlhabenden Touristen vornehmlich aus Ländern des globalen Nordens zusammensetzt. Damit bedienen die verschiedenen Gruppen maßgeblich das globale Phänomen des „spirituellen Tourismus“, der auf Bali bereits seit den 1970er-Jahren eine große Rolle spielt, indem die Insel als globales Zentrum östlicher Spiritualität und Weisheit inszeniert wird, das gleichzeitig seinen authentischen, traditionellen Charakter erhalten habe.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • (2020): From Healer zu Shaman: Theosophy and the Making of Esoteric Bali. In: H.M. Krämer/ J. Strube, (Hrsg.): Theosophy Across Boundaries: Transcultural and Interdisciplinary Perspectives on a Modern Esoteric Movement. Albany: State University of New York Press, S. 401–423
    Yan Suarsana
 
 

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