Bewegungsinduzierte neuronale Plastizität bei Menschen
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Das Projekt untersuchte die Auswirkungen eines sechsmonatigen Bewegungstrainings auf kognitive Leistungen, Hirnaktivität, kardiovaskuläre Fitness und körperliche Aktivität bei Erwachsenen im mittleren Lebensalter (40-56 Jahre), die vor Beginn der Studie kaum sportlich aktiv waren. Dazu wurden die Probanden zufällig entweder einem Ausdauertraining (Indoor-Cycling) oder einem nicht-ausdauerförderndem Training zugeteilt (Stretching/Koordination). Zusätzlich wurde eine Kontrollgruppe untersucht, die während der sechs Monate keinen Sport trieb. Wir konnten zeigen, dass ein sechsmonatiges Bewegungstraining mit zwei Trainingseinheiten pro Woche zu Verbesserungen in spezifischen kognitiven Funktionen führte. Nach der Bewegungsintervention zeigten sowohl die Teilnehmer der Cyclinggruppe als auch die Teilnehmer der Stretching/Koordinationsgruppe im Vergleich zur Kontrollgruppe verbesserte Leistungen im episodischen Gedächtnis. In der selektiven Aufmerksamkeit verbesserten sich die Teilnehmer der Stretching/Koordinationsgruppe stärker als die der Cyclinggruppe. Im Gegensatz zu bisherigen Befunden bei älteren Menschen bestätigte sich ein genereller Vorteil eines Ausdauertrainings im Vergleich zu einem nichtausdauerförderndem Training auf kognitive Leistungen somit nicht. Es konnten jedoch spezifische Zusammenhänge zwischen dem Grad der Ausdauerleistungssteigerung (gemessen über die maximale Sauerstoffaufnahmekapazität) und Gedächtnisleistungen beobachtet werden: je mehr die Probanden ihre Ausdauerleistung über die sechs Monate hinweg steigerten, desto mehr verbesserten sie sich in der Gedächtnisleistung. Besonders langfristig scheint die Ausdauerleistung bedeutsam zu sein: ein Jahr nach Abschluss des Trainings blieben die Probanden, die ihre kardiovaskuläre Fitness aufrecht erhalten konnten, in der Gedächtnisleistung stabil, während Probanden mit nachlassender Fitness abnehmende Gedächtnisleistungen zeigten. Zusätzlich wurden mögliche Interaktionen zwischen einem kognitiven Training und einem Bewegungstraining untersucht. Probanden, die ein gezieltes Training räumlicher Kognitionen erhielten, verbesserten ihre Leistung in einer räumlichen Gedächtnisaufgabe. Mit Hilfe der funktionellen Magnetresonanztomographie (fMRI) konnten wir zeigen, dass dies mit einer effizienteren Verarbeitung in Arealen einher ging, die für räumliches Gedächtnis und Navigation notwendig sind. Dabei scheint die kardiovaskuläre Fitness einen moderierenden Einfluss auf diese Aktivierungen zu haben. Einen generellen Unterschied zwischen dem Cyclingtraining und dem Stretchingtraining konnte jedoch nicht gezeigt werden. Es könnte sein, dass bei den hier untersuchten Probanden mit einer generell guten kognitiven Leistungsfähigkeit durch ein Bewegungstraining nur sehr subtile Veränderungen im Gehirn hervorgerufen werden, die eventuell erst bei nachlassenden kognitiven Funktionen im Alter zu messbaren Verhaltenseffekten führen. Unterstützt wird dies auch durch die strukturelle Auswertung der MRT-Bilder, die tendenziell in der Cyclinggruppe eine stärkere Zunahme der grauen Substanz im Hippocampus zeigte. Neben den hier beschriebenen Effekten auf kognitive Leistungen gilt regelmäßige Bewegung als entscheidend zur Prävention einer Vielzahl von chronischen Erkrankungen. Trotzdem gelingt es weniger als der Hälfte der deutschen Bevölkerung, regelmäßig Sport zu treiben. Durch eine Nachuntersuchung ein Jahr nach Abschluss der Bewegungsintervention konnten wir zeigen, dass ein strukturiertes und angeleitetes Training über einige Monate bei bisher wenig aktiven Erwachsenen zu einer längerfristigen und nachhaltigen Verhaltensänderung führte: die Probanden trieben deutlich mehr Sport als vor Beginn der Studie und gaben an, auch im Alltag körperlich aktiver zu sein.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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(2009). Effects of aerobic fitness and a cognitive training on spatial learning capacities and functional brain activations. SFN Annual Meeting, Chicago, USA (17.-21.10.2009)
Holzschneider, K., Röder, B., Wolbers, T., & Hötting, K.
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(2009). Effekte einer kontrollierten Bewegungsintervention auf die strukturelle Plastizität des Gehirns im mittleren Erwachsenenalter. 82. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Neurologie, Nürnberg (23.-26.9.2009)
Hötting, K., Holzschneider, K., May, A., Kauschke, K., Schmidt, T., Reer, R., Braumann, K.-M., & Röder, B.
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(2009). „Exercise and the brain – human perspective“, Symposium Regeneration and Rehabilitation in Multiple Sclerosis, 26.-27.6.2009, Hamburg, Germany
Hötting, K.
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Structural plasticity after six month of physical training in middle-aged humans. SFN Annual Meeting, Chicago, USA (17.- 21.10.2009)
Hötting, K., Holzschneider, K., May, A., Kauschke, K., Schmidt, T., Reer, R., Braumann, K.-M., & Röder, B.
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(2010). Bewegung und Kognition. In K.-M. Braumann & T. Stiller (Hrsg.). Bewegungstherapie bei internistischen Erkrankungen. Heidelberg: Springer-Verlag
Hötting, K. & Röder, B.
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(2010). Bewegung und kognitive Leistungsfähigkeit. 8. Gemeinsames Symposium der dvs-Sektionen Biomechanik, Sportmotorik und Trainingswissenschaft, September 2 - 4, 2010, Hamburg, Germany
Röder, B. & Hötting, K.
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(2010). Long-term effects of physical exercise on cognition in humans. 7th Forum of European Neuroscience, Amsterdam, The Netherlands (3.-7.7.2010)
Hötting, K., Schauenburg, G. Holzschneider, K., Kauschke, K., Schmidt, T., Reer, R., Braumann, K.-M., & Röder, B.
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(2010). Verbesserungen kognitiver Leistungen durch unterschiedliche Bewegungsprogramme im mittleren Lebensalter: eine Interventionsstudie. Zeitschrift für Neuropsychologie, 21, 210
Schwarze, U., Reich, B., Holzschneider, K., Röder, B. & Hötting, K.
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(2010). Wie nachhaltig sind Effekte eines sechsmonatigen Bewegungstrainings auf Aufmerksamkeit und episodisches Gedächtnis im mittleren Erwachsenenalter? In: F. Petermann, H. & U. Koglin (Hrsg.), 47. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Psychologie (S. 212). Lengerich: Pabst Science Publishers
Hötting, K., Schauenburg, G. Holzschneider, K., Kauschke, K., Schmidt, T., Reer, R., Braumann, K.-M., & Röder, B.