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Der Begriff der Materie bei Aristoteles

Fachliche Zuordnung Geschichte der Philosophie
Förderung Förderung von 2016 bis 2017
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 314667317
 
Aristoteles gilt als derjenige Philosoph, der den Begriff der Materie (gr. hylê) in die Philosophie eingeführt hat. Was er unter "Materie" versteht, ist allerdings nicht klar. Seine Bestimmungen sind teilweise dunkel und wirken widersprüchlich. Auch in der Forschung gibt es gegenläufige Einschätzungen. Sie reichen von der Ansicht, die aristotelische Materie sei ein nur durch Abstraktion zugängliches Prinzip, das nie aktual existiert, bis zur Auffassung, sie sei das jeweilige Material, das ein konkretes Einzelding konstituiert, etwa Bronze oder Fleisch und Knochen. Der besondere Fokus meiner Untersuchung liegt auf der Frage, aus welchem Grund Aristoteles den Begriff der Materie einführt, d.h. welche ontologischen Probleme er mit der Einführung und näheren Bestimmung des Materie-Begriffs lösen möchte. Ich möchte zeigen, dass Aristoteles die Materie einführt, um das Entstehen von substantiellen Einzeldingen erklären zu können. Er wendet sich damit nicht nur gegen Ansätze, die Veränderung insgesamt bestreiten, sondern vor allem gegen solche, die das Auftreten eines neuen Einzeldings nicht als substantielle Veränderung begreifen, sondern als akzidentelle Modifikationen an einem einzigen Urstoff oder als neue Kombination von Qualitäten. Seiner Meinung nach kann man das Auftreten eines neuen Einzeldings nur dann als genuines Entstehen begreifen, wenn man über ein adäquates Verständnis von Materie verfügt. Materie ist dabei dasjenige, woraus ein substantielles Einzelding hervorgeht und das - auf eine genauer zu bestimmende Weise - in diesem Einzelding fortbesteht. Wie ich weiter zeigen will, identifiziert Aristoteles die so verstandene Materie mit bestimmten sinnlich wahrnehmbaren Stoffen; typische Beispiele, die er nennt, sind Bronze oder die Katamenien. Sie sind keine substantiellen Einzeldinge, verfügen aber über das besondere Vermögen, dass sie zu substantiellen Einzeldingen gemacht werden können. Meine Deutung knüpft an eine geläufige Sichtweise an, der zufolge Materie bei Aristoteles das Substrat substantieller Veränderung ist, positioniert sich aber gegen einige Aspekte der traditionellen Deutung, die insbesondere die Rolle der Materie bei substantiellen Veränderungen betreffen. Hierzu vertrete ich die Ansicht, dass Materie bei substantiellen Veränderungen anders persistieren muss als eine Substanz bei akzidentellen Veränderungen. Mein Vorschlag, dass sinnlich wahrnehmbare Stoffe die Rolle der aristotelischen Materie einnehmen, richtet sich sowohl gegen das traditionelle Verständnis, sie sei ein abstraktes Prinzip, als auch gegen die verbreitete Annahme, sie sei ein rein relativer Begriff, dem keine Entität oder Klasse von Entitäten in der Welt entspricht, sondern jeweils das, was gerade einer Veränderung unterliegt.
DFG-Verfahren Forschungsstipendien
Internationaler Bezug Großbritannien
 
 

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