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Größeneinflüsse bei der Herstellung von elektronenstrahlgelöteten Umformmatrizen für die Mikroumformtechnik

Fachliche Zuordnung Ur- und Umformtechnik, Additive Fertigungsverfahren
Förderung Förderung von 2006 bis 2009
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 31660123
 
Erstellungsjahr 2009

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Die bisherigen Fortschritte und Entwicklungserfolge in der Mikrosystemtechnik sind vielfach auf den Einsatz neuer Werkstoffe und zweckoptimierter Verfahren zurückzuführen. Eine Herausforderung stellt die Entwicklung von hybriden, d.h. nicht monolithischen Bauweise von Systemen zum Mikroumformen und -trennen dar. Mikro-Umformwerkzeuge unterliegen ähnlich hohen Beanspruchungen wie entsprechende Makro-Werkzeuge. Der Verschleißbetrag, der durch Deformation, Verzug und Materialabtrag charakterisiert ist, wirkt sich in Relation zu der Gesamtabmessung des Wirkbereiches im Werkzeug bei Mikrowerkzeugen überproportional stärker aus als bei vergleichbaren Makro-Werkzeugen. Mikro-Umformwerkzeuge stellen somit Präzisionswerkzeuge dar, bei denen insbesondere darauf zu achten ist, dass der Verschleiß auf ein Minimum reduziert werden kann. Im Makro- wie im Mikro-Fall ist dies durch eine Aufgabentrennung der eingesetzten Werkstoffe zu realisieren. Dabei bestehen die Werkzeuge aus hochfesten aber duktilen (meist metallischen) Grundkörpern, welche in den beanspruchten Zonen mit harten, hochverschleißfesten Werkstoffen aus Hartmetallen (Cermets) oder Keramiken verstärkt sind. In den durchgeführten Versuchen zur stoffschlüssigen Verbindung von Metall/Metall- bzw. Metall/Keramik-Werkstoffsystemen im Grosskammer-REM (GK-REM) konnten Erkenntnisse über einzelne Wirkparameter gewonnen sowie Größeneinflüsse bei der Übertragung konventioneller Lötversuche in den Mikrobereich erarbeitet werden. Es konnte ein signifikanter Zusammenhang zwischen der Dauer der Energieeinbringung und dem Aufschmelzverhalten des Lotes aufgezeigt werden. Eine Minimierung der Dauer der Wärmeeinbringung auf die zu fügenden Werkstoffpartner auf wenige Sekunden stellt sich als Ziel für weiterführende Arbeiten heraus. Weiter war es möglich, über die Eingrenzung der Wirkparameter das Aufschmelzverhalten und die Benetzung verschiedener Lote auf Stahl (1.2367 / 1.2370 / 1.4765) bzw. Keramik (Si3Ni4 / Al2O3) zu charakterisieren. Ebenso konnten keramische Proben mit Metall gelötet werden, wobei auch hier eine Minimierung der veranschlagten Prozesszeit als Ziel angeführt werden kann. Belegt werden konnte auch die grundsätzliche Durchführbarkeit von Lötversuchen in einem GK-REM, sowohl im Bereich der Metall/Metall- als auch im Bereich der Metall/Keramik-Verbunde. Die prozessbeherrschenden Größeneinflüsse können in drei Gruppen differenziert werden; in anlagenbezogene Parameter, in prozessbezogene sowie in werkstoffseitige Einflüsse. Im Bereich der Anlagentechnik stellt sich die Frage, inwieweit die Übertragung und Umsetzbarkeit des Mikroelektronenstrahllötens auf Basis des konventionellen Lötens und der Elektronenschweißtechnologie in einem Rasterelektronenmikroskop in der Praxis aussichtsreich ist. Das REM, als optisches Analysegerät ausgelegt, wurde mit einer Elektronenstrahlkanone zur Durchführbarkeit der Lötversuche aufgerüstet. Dadurch sollte die Möglichkeit gegeben werden, einen zweiten Elektronenstrahl mit einer höheren Leistung zu fokussieren und das REM zur Durchführung der Fügeversuche umzugestalten. Von der prozesstechnischen Seite stellt sich die Wärmeverteilung als herausragender Einflussfaktor dar. Die Wärme- bzw. Energieeinbringung erfolgt lokal in einem kleinen Bereich und zu einer minimalen Beeinflussung der umliegenden Bereiche. Hier wirft sich die Frage auf, inwieweit die unterschiedlichen Temperaturgradienten einen Einfluss auf die Festigkeit der Verbindung haben. Die verschiedenen Wärmeausdehnungskoeffizienten von Metall und Keramik gilt es in gleicher Weise zu kontrollieren, um die Entstehung von Eigenspannungen beim Abkühlen der Fügepartner auszuschließen. Hier wirkt sich die minimierte Bauteilgröße der Komponenten positiv auf die Vermeidung von Eigenspannungen aus. Kleine Proben induzieren nur geringe Eigenspannungen, da beim Abkühlen aus dem Lötprozess die Beträge der Wärmeausdehnungsunter- schiede direkt proportional Einfluss auf die Höhe der thermisch induzierten Eigenspannungen nehmen. Daher fallen diese in hybriden Mikrolötverbunden bei vergleichbaren Fügeverbindungen deutlich geringer aus. Ein werkstoffseitiger Größeneinfluss ist neben der Kapillarkraft und dem Benetzungswinkel die Lotschmelze. Hier spielt das Oberflächen- zu Volumenverhältnis eine entscheidende Rolle in der Mikrolötstelle. Eine kleine Lotschmelze führt zu dominanten Oberflächenspannungen, die in einer schlechten bzw. schwierigen Benetzbarkeit als Folge einer Behinderung des Lotflusses resultiert. Zusätzlich wird über die Beeinflussung der Kapillarkräfte die Spaltfüllung und damit die Lötbarkeit der Fügepartner erschwert. Einen zusätzlichen Größeneinfluss stellt die Temperaturverteilung bzw. Wärmeführung in den Fügepartnern dar. Um ein Schmelzen des Lotes zu erreichen, müssen die zu benetzenden Oberflächen zwingend die benötigte Löttemperatur aufweisen. Die Temperaturverteilung in der Lötstelle muss dabei homogen eingestellt werden, damit sich das Lot gleichmäßig verteilen kann. Im Mikrobereich kommt erschwerend hinzu, dass sich die kleinen Proben zwar sehr schnell aufheizen lassen, über den Wärmestrom gleichzeitig aber auch sehr schnell die Wärme wieder abführen und auskühlen. Daher muss die Löttemperatur stabil gehalten werden, wobei gleichzeitig eine Minimierung der Energieeinbringung als Ziel gesetzt wird. Die Wärmeführung stellt sich in der Übertragung des Makrolötens in den Mikrobereich als signifikanter Einflussfaktor dar. Die über das Stefan-Boltzmann-Gesetz zu berechnende Wärmestrahlung führt hier zu einem proportionalen Zusammenhang zwischen Probengrösse, Energie- bzw. Zeitbedarf. Dies wird exemplarisch am Beispiel einer mit Ti/Cu beschichteten Al2O3-Keramik (ε = 0,1; T = 700 °C, c = 900 J/kg*K) im Fügeverbund mit einem 1.4765- Stahl (ε = 0,3; T = 700 °C, c = 630 J/kg*K) mittels B-Ag55ZnCuSn (Fontargen F/AF314) verdeutlicht. Die jeweilige Wärmestrahlung im Makrobereich wurde analog zu den Daten des Beispiels berechnet, lediglich die Probenabmessungen (Kantenlängen der Probe) um den Faktor 100 vergrößert. Es wird ersichtlich, dass bei einer Vergrößerung der Probenabmessungen um den Faktor 100 der Energiebedarf um den Faktor 106 und die Wärmestrahlung um den Faktor 104 ansteigen, während sich der Zeitbedarf nur um den Faktor 102 erhöht. Das heißt für den Mikrolötprozess, dass die Wärmeabgabe im Falle der Mikrokeramik um den Faktor 100 schneller von statten geht, als im Makroverbund. Werden also ein Mikrobauteil und ein Makrobauteil auf je 700 °C erwärmt, so findet die Abkühlung auf Raumtemperatur durch reine Wärmeabstrahlung bei dem Mikrobauteil 100x schneller statt, als die des entsprechenden Makrobauteils. Folglich wird die Temperaturführung im Mikrolötprozess deutlich erschwert und bildet einen signifikanten Größeneinfluss. Da der Elektronenstrahl auf der Keramik nur einen sehr kleinen Bereich lokal erwärmen kann, ist die Gefahr der lokalen Unterschreitung der Schmelztemperatur des Lotes erheblich grösser als im Makrolötprozess. Um einen Benetzungsvorgang zu ermöglichen ist es aber zwingend notwendig, die Schmelztemperatur während des gesamten Prozesses aufrecht zu erhalten. Somit ist die Fläche der Energieund damit der Wärmeeinbringung bedeutend für den Lötprozess, im Mikroprozess mehr als im Makroprozess. Daher wird zur Aufrechterhaltung der Schmelztemperatur im Elektronenstrahllöten das Abfahren von Lissajou-Figuren eingesetzt, um den lokalen Temperaturgradienten auf den zu fügenden Oberflächen zu minimieren und somit eine zu hohe, kritische Wärmeabstrahlung auszuschließen. In der Praxis erlangen Anwendungen der Mikrosystemtechnik einen immer höheren Stellenwert. Im Bereich der Umformtechnik, zum Beispiel beim Präzisionsschmieden, gewinnt das Thema Miniaturisierung komplexer Bauteile zunehmend an Bedeutung. Hier werden besondere Anforderungen an die Verbindungstechnik gestellt und es bieten sich mit dem Lasersowie dem Elektronenstrahllöten zwei aussichtsreiche Verfahren an. Das Mikroelektronenstrahllöten ist in diesem Zusammenhang eine folgerichtige Weiterentwicklung konventioneller Fügeverfahren und trägt dem Wunsch nach temperatur- und verschleißfesten Verbindungen, bei gleichzeitiger Minimierung der Bauteile, Rechnung. In diesem Schwerpunktprogramm liegt das Hauptaugenmerk auf der Charakterisierung des Fügeprozesses im GK-REM sowie der Einschätzung der Wirtschaftlichkeit des Verfahrens für zukünftige Anwendungen. Der Vorteil bei der Übertragung des Lötprozesses in einen im GK-REM stattfindenden Prozess liegt dabei in der Möglichkeit, den Prozess in-situ beobachten zu können. Zusätzlich werden den Anforderungen nach einem Vakuum sowie der örtlich begrenzten Energieeinbringung Rechnung getragen. Im Vergleich Elektronenstrahllöten mit konventionellem Ofenlöten sind die Prozesszeiten beim Ofenlöten um den Faktor 3 bis 4 höher. Eine Übertragung konventioneller Lötverfahren auf die Mikrosystemtechnik kann dabei nicht durch ein direktes „down-scaling“ erfolgen, sondern erfordert eine gezielte Untersuchung, inwieweit sich die Größeneinflüsse auf die Miniaturisierung auswirken. Zu diesen Einflüssen zählen neben der Lotzugabe auch dessen Schmelzverhalten und die Benetzung der zu fügenden Oberflächen, die ortsaufgelöste Energieeinbringung und der kapillare Lotfluss. Als Ziel des Mikroelektronenstrahllötens ist eine verschleiß- und hochtemperaturfeste Metall- Keramik-Verbindung gesetzt, die sich im GK-REM reproduzierbar und prozesssicher herstellen lässt.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • Größeneinflüsse bei der Herstellung von elektronenstrahlgelöteten Umformmatrizen für die Mikroumformtechnik. Erschienen in: Grösseneinflüsse bei der Fertigung, F. Vollertsen (Hrsg.), BIAS Verlag Bremen, ISBN 978-3-933762-29-0, Seiten 79-95, 2009
    Fr.-W. Bach, K. Möhwald, P. Hoyer, T. Hassel, M. Krause, M. Jendras, T. Heidenblut
 
 

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