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Thurston-Theorie in der transzendenten Dynamik
Antragsteller
Professor Dr. Sören Petrat, seit 8/2019
Fachliche Zuordnung
Mathematik
Förderung
Förderung von 2016 bis 2020
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 316866235
In den 1980er Jahren entwickelte Bill Thurston eine gemeinsame Theorie von 3-Mannigfaltigkeiten, Automorphismen von Flächen, und iterierten rationalen Funktionen; seine Theoreme basieren alle auf einem Iterationsverfahren in einem endlich-dimensionalen Teichmüller-Raum. Im Falle rationale Funktionen ist sein Satz von fundamentaler Bedeutung für die Beschreibung iterierter Abbildungen durch symbolische Dynamik: für den strukturell wichtigen Fall postkritisch endlicher Abbildungen die Starrheit der invarianten komplexen Struktur ermöglicht es, endlich viele kombinatorische Invarianten zu finden, die alle Abbildungen unterscheiden können, und die Klassifikation holomorpher Abbildungen basiert auf diesem Satz von Thurston.In jedem einzelnen Falle ist es ein separater mathematischer Satz, geeignete kombinatorische Invarianten zu finden und zu klassifizieren. Solche Invarianten sind bekannt für iterierte Polynome (Hubbard-Bäume und kritische Portraits), aber nicht für allgemeine rationale Abbildungen (mit der wichtigen Ausnahme solcher rationaler Abbildungen, die als Newton-Abbildungen von Polynomen entstehen). Seit etwa 30 Jahren sind ernsthafte Versuche unternommen worden, den Satz von Thurston von rationalen auf transzendente Abbildungen zu übertragen. Die bislang einzig erfolgreiche "transzendente" Erweiterung (durch Hubbard, Shishikura und den Antragsteller) bezieht sich nur auf die einfache Familie von Exponentialabbildungen. Diese Erweiterung legt aber die Grundlagen für allgemeinere transzendente Abbildungen.Alle fundamentalen Konzepte, die Dynamik von Polynomen zu beschreiben (dynamische Strahlen, Hubbard-Bäume, Spinnen, kritische Portraits) lassen sich nicht ohne weiteres auf transzendente Abbildungen übertragen, aber starke Fortschritte sind in jüngster Zeit erzielt worden: beispielsweise im Beweis der Existenz von dynamischen Strahlen (auch "Haare" genannt) für viele Familien von Abbildungen.Ziel dieses Projektes ist es, Thurstons fundamentalen Satz und die darauf aufbauende erfolgreiche Klassifikation postkritisch endlicher Polynome in die transzendente Welt zu übertragen: wir wollen eine Version dieses Satzes für alle postsingular endlichen transzendenten Abbildungen aufstellen, und die notwendige kombinatorische Struktur entwickeln, um eine große Klasse postsingular endlicher Abbildungen zu klassifizieren.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen
Ehemaliger Antragsteller
Professor Dr. Dierk Schleicher, bis 8/2019