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Nichtgleichgewichts-Fluktuationen und Kooperativität in Einzelmoleküldynamik: Einblicke jenseits von Fluktuationstheoremen und Prinzipien großer Abweichungen: Thermodynamisch konsistente „Renewal-Netzwerke“ für nicht-Markovsche Dynamik getriebener Einzelmoleküle

Antragsteller Dr. Aljaz Godec
Fachliche Zuordnung Statistische Physik, Nichtlineare Dynamik, Komplexe Systeme, Weiche und fluide Materie, Biologische Physik
Förderung Förderung von 2017 bis 2022
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 316896626
 
Erstellungsjahr 2023

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Einzelmolekülexperimente untersuchen Prozesse auf der Ebene einzelner Trajektorien während der Relaxation oder in stationären Zuständen. Die Beobachtungen werden in der Regel durch Mittelwertbildung entlang einzelner Realisierungen analysiert, was zu fluktuierenden Größen mit nicht trivialen Statistiken führt. Solche zeitlich gemittelten Messgrößen, insbesondere verallgemeinerte Ströme, sind für die stochastische Thermodynamik von zentraler Bedeutung. Niedrig dimensionale Projektionen, die Einzelmolekülbeobachtungen (z.B. Kraftspektroskopie, FRET, und "plasmon ruler"-Experimente) zugrunde liegen, lassen verborgene Freiheitsgrade außer Acht, die sich oft so langsam entwickeln wie die Observable. Es ist seit langem bekannt, dass Projektionen, die langsame Freiheitsgrade verbergen, zu "memory" führen. Allerdings wurde erst kürzlich klar, dass Projektionen große Herausforderungen bei der Formulierung und dem Verständnis der stochastischen Thermodynamik von Systemen mit langsamen verborgenen Freiheitsgraden aufwerfen, insbesondere wenn diese fernab vom Gleichgewicht sind. Ähnlich verhält es sich mit der Kinetik von Bindungen und chemischen Reaktionen im Grenzbereich hoher Verdünnung (d.h. mit ~ 1-100 Molekülen), wo die Kinetik großen Fluktuationen mit nicht­Poissonscher Statistik unterworfen ist. Während theoretische Studien sich bisher auf die Vorhersage der Kinetik für bestimmte Modelle anhand der Statistik der "first-passage time" konzentrierten, zielen praktische Anwendungen in der Regel darauf ab, kinetische Raten-inverse mittlere "first-passage times" -aus Experimenten oder Simulationen abzuleiten. Eine solche Inferenz ist schwierig, weil in der Regel nur eine kleine Anzahl von Realisierungen (1-10, gelegentlich bis zu 100) verfügbar ist. Dies führt zu großen Unsicherheiten und nicht-Gaußschen Abweichungen, die sich besonders nachteilig im Fall von breit verteilten und hochdimensionalen Daten auswirken. Das Projekt konzentrierte sich auf (i) eine allgemeine Theorie der zeitlich gemittelten statistischen Mechanik, (ii) die Thermodynamik von nicht-Gleichgewichtssystemen, die über niedrigdimensionale Projektionen beobachtet werden, und (iii) Probe-zu-Probe-Fluktuationen in der statistischen Kinetik. Wir erzielten wichtige Fortschritte in allen genannten Themen. Insbesondere haben wir (i) einen allgemeinen Ansatz für die statistische Mechanik im Zeitmittel unter der Verwendung von stochastischem Calculus entwickelt, wobei wir einen grundlegenden dreifachen Bedarf an räumlicher Vergröberung ("coarse graining) aufdeckten und einen direkten Beweis für die berühmte Thermodynamische Unschärferelation und Bedingungen für ihre Saturierung lieferten. Außerdem haben wir (ii) das Phänomen der kinetischen Hysterese - die Unvereinbarkeit von Vergröberung und Zeitumkehr ­ entdeckt, das für das Verständnis und die Quantifizierung der Irreversibilität bei Vorhandensein eines "memory" wichtig ist, und das Milestoning-eine Vergröberungsmethode, die Teile des Konfigurationsraums außer Acht lässt-als thermodynamisch konsistente Reduktionsmethode etabliert. Darüber hinaus haben wir (iii) einen allgemeinen Rahmen zur Bestimmung der vollständigen Statistik der "first­ passage time" mit wichtigen Anwendungen in der Extremwerttheorie entwickelt, sowie eine Theorie, die die Kontrolle der Unsicherheit von "first-passage times" im Fall von einer limitierten Menge an Daten ermöglicht. Zusätzlich zu diesen geplanten Themen haben wir eine unvorhergesehene Asymmetrie zwischen Erwärmung und Abkühlung entdeckt, nämlich, dass die Erwärmung relativ allgemein schneller erfolgt als die Abkühlung, und untersuchten kollektive Phänomene in stark wechselwirkenden Vielteilchensystemen, wo wir eine neue Art von dynamischem Phasenübergang in kinetischen Spinsystemen aufgedeckt haben und eine explizite Phasenfeldtheorie für Grenzflächenphänomene entwickelt haben, die Korrelationen zwischen Teilchen berücksichtigt.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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