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Der "zukünftige Menschheitsbau": Knud Ahlborn (1888-1977). Dimensionen 'bürgerlicher' Erneuerungspraxis und Ideologie in der Jugend- und Lebensreformbewegung im 20. Jahrhundert.

Fachliche Zuordnung Neuere und Neueste Geschichte (einschl. Europäische Geschichte der Neuzeit und Außereuropäische Geschichte)
Förderung Förderung von 2016 bis 2022
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 317331298
 
Die sozialen, kulturellen und politischen Suchbewegungen der 'bürgerlichen' Jugend- und Lebensreformbewegung, sowie ihre charakteristische 'Sehnsucht nach Ordnung' stehen für die weit über ihr Sozialmilieu hinaus verbreitete Tendenz des Modernismus, neue soziale Gemeinschaftsformen, Ordnungsstrukturen und Lebensformen zu entwickeln. Gegenstand des Projekts sind die Genese der Ideen und Ordnungsvorstellungen sowie die daraus resultierende soziale Praxis des Jugend- und Lebensreformers Knud Ahlborn (1888-1977) und seines Arbeits- und Gesinnungsnetzwerkes von der Kaiserzeit bis in die 1970er Jahre. Der Mediziner, Publizist und Naturschützer stellt in zweifacher Hinsicht eine paradigmatische Figur der Jugend- und Lebensreformbewegung dar. Zum einen repräsentieren seine Erneuerungsbestrebungen exemplarisch zentrale Denkschemata sowie sozialpsychologische Dispositionen und Vergewisserungsprozesse innerhalb dieser Strömung. Zum anderen initiierte er als Ideenlieferant und "Netzwerker" mit erheblicher Deutungsautorität selbst symptomatische, kollektiv wirksame Verhaltens- und Denkweisen in seinem soziokulturellen Milieu.Das Projekt gliedert sich in die vier Untersuchungszeiträume 1888-1913, 1913-1933, 1933-1945, 1945-1977 und vollzieht sich auf drei Analyseebenen. Erstens rekonstruiert es Ahlborns praktisches Handeln in Politik und Gesellschaft sowie dessen Vernetzungsstrategien und Ideenbildung im Austausch mit seinem Arbeits- und Gesinnungsnetzwerk. Zweitens untersucht es die Einflüsse politisch-sozialer Veränderungen und der sukzessiven Etablierung eines westlich orientierten Gesellschaftsmodells auf Denkfiguren, normative Handlungssets und auf Wirkungskreise Ahlborns und seines Arbeits- und Gesinnungsnetzwerkes. Drittens geht es der Frage nach, inwieweit ihre Impulse Subjektivierungs,- Individualisierungs,- und Partizipationspraktiken beförderten, wie sie für die bundesdeutsche Gesellschaft nach 1945 zunehmend charakteristisch wurden, und wie sie damit zur Entwicklung einer neuen Bürger- und Sozialkultur beitrugen.Die intellektuelle Biographie entwickelt eine Gesellschaftsgeschichte handlungsleitender Ideen. Sie verspricht Erkenntnisse über mentalitäts- und ideenhistorische Prozesse, sowie Neuverortungspraxis innerhalb der Jugend- und Lebensreformbewegung. Deren prägende Akteure agierten und übten Einfluss auf höchsten kommunalen und überregionalen Ebenen in Politik, Kultur, Bildungswesen aus. Die im Ansatz enthaltene Frage der Erneuerung des 'Bürgertums', bietet die Möglichkeit, Ideengeschichte und Praxeologie miteinander zu verbinden.Ziel des Vorhabens ist, sowohl die jugend- und lebensreformerische als auch die darüber hinausgreifende 'Praxis' Ahlborns und seines Arbeits- und Gesinnungsnetzwerks zu analysieren, um so die Jugend- und Lebensreformbewegung an sich in den Kontext des Modernisie-rungsprozesses einzuordnen.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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