Vertrauen in Journalismus im medialen Strukturwandel
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Ziel des Projekts war, das Vertrauen in journalistische Medien vor dem Hintergrund des digitalen Strukturwandels zu untersuchen. Dieser ist insbesondere durch die zunehmende Bedeutung sozialer und alternativer Medien gekennzeichnet, die zur Auflösung der Deutungshoheit des traditionellen Journalismus beitragen. Dabei richtete das Projekt den Blick darauf, wie es um das Vertrauen in Journalismus in der deutschen Bevölkerung bestellt ist und mit welchen Faktoren das Vertrauen zusammenhängt. Untersuchte Faktoren waren neben psychologischen und soziologischen Rezipierendeneigenschaften die Erwartungen, die Mediennutzende an den Journalismus stellen und inwieweit sie diese als erfüllt wahrnehmen. Schließlich stand der Einfluss individuell rezipierter Informationskanäle, -quellen und -inhalte auf das Vertrauen in Journalismus im Fokus. Diese Fragen wurden in drei Teilstudien beantwortet. In qualitativen Leitfadeninterviews wurde zunächst exploriert, wie Mediennutzende den Journalismus wahrnehmen und welche Erwartungen sie an ihn haben. Eine anschließende repräsentative Online-Befragung ermittelte, wie das Vertrauen in der Bevölkerung ausgeprägt ist und welche individuellen Merkmale damit zusammenhängen. In einer quantitativen Inhaltsanalyse wurde schließlich die Berichterstattung der meistgenutzten Informationsquellen untersucht, um die Häufigkeit medienkritischer Aussagen und alternativer Ereignisdarstellungen im Medienrepertoire der Befragten festzustellen. Das Projekt konnte zeigen, dass journalistische Medien nach wie vor relativ hohe Vertrauenswerte erzielen. Gleichwohl hat sich eine substanziell große Bevölkerungsgruppe mit sehr geringem Vertrauen in den Journalismus entwickelt. Kritisiert wird hier vor allem mangelnde Vollständigkeit und Korrektheit der Berichterstattung, eine Vermischung von Nachricht und Meinung sowie fehlende Ausgewogenheit. Viele Menschen führen dies auf unzureichende Integrität von Journalist*innen zurück. Misstrauen in Journalismus wird vor allem von Personenmerkmalen geprägt. Typische Medienskeptiker*innen misstrauen auch ihren Mitmenschen, sind mit dem politischen System unzufrieden und glauben an mächtige Verschwörungen im Hintergrund. Medienskeptiker*innen haben darüber hinaus ein größeres Bedürfnis, Sachverhalte klar in richtig und falsch einzuteilen. Sie finden sich vor allem am rechten Rand des politischen Spektrums und unter Nichtwähler*innen. Prinzipiell gibt es Personen mit niedrigem Vertrauen aber in so gut wie allen gesellschaftlichen Milieus. Die Nachrichtennutzung kann das Vertrauen in Journalismus nur zu einem sehr geringen Maß erklären. Medienskeptiker*innen nutzen allerdings intensiver Alternativmedien, in denen Medienkritik und alternative Ereignisdarstellungen besonders präsent sind. Die Inhaltsanalyse zeigte jedoch auch, dass sich alternative Medien in ihrer Berichterstattung teilweise deutlich voneinander unterscheiden: Während einige Alternativmedien ein klares ideologisches Profil erkennen lassen, pflegen andere Angebote eine eher neutrale Berichterstattung, die journalistischen Medien stark ähnelt und versuchen so, ein seriöses Image herzustellen.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
- (2020). Lügenpresse oder Verteidiger der Demokratie? Gründe für Vertrauen und Misstrauen in die Medien. In: Auslandsgesellschaft.de (Hrsg.). Journalistische Verantwortung in der digitalen Gesellschaft
Prochazka, F.
- (2020). Vertrauen in Journalismus in Deutschland: Eine Typologie der Skeptiker. Media Perspektiven (4). 196–206
Prochazka, F. & Schweiger, W.
- (2020). Vertrauen in Journalismus unter Online-Bedingungen: Zum Einfluss von Personenmerkmalen, Qualitätswahrnehmungen und Nachrichtennutzung. Wiesbaden: Springer VS
Prochazka, F.
(Siehe online unter https://doi.org/10.1007/978-3-658-30227-6) - (2020). Wie der Journalismus Vertrauen gewinnen kann
Prochazka, F.