Die epigenetische Effektdynamik der Psychopathologie im späten Erwachsenenalter
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Ziel des vorliegenden Projektes war es zu untersuchen, inwiefern die vormals konsistent bestätigte, altersabhängige Veränderung des Epigenoms (d.h. im Spezifischen der genomweiten Methylierung von CpG Orten) als Indikator für internalisierende Psychopathologie dienen, und somit auch über einen potentiellen diagnostischen Nutzen hinaus wichtige Hinweise zu molekularen Mechanismen der Pathogenese psychischer Störungen liefern kann. Passende Quelldaten wurden durch die Schwedische Adoptions- und Zwillingsstudie des Alterns (SATSA) bereitgestellt, im Rahmen derer zwischen 1992 und 2012 wiederholt Blutproben von insgesamt 958 Zwillingspaaren gesammelt wurden. Der Grad der genomweiten Methylierung wurde anhand der Leukozyten-DNA im Probenmaterial mittels Illumina® 450k BeadChips bestimmt, während internalisierende Psychopathologie bzw. Depressivität mittels des Standardinstruments der epidemiologischen Forschung – der CES-D Skala – in Interviewform erfasst wurde. Nach abgeschlossener Datenaufbereitung, zeitigte eine querschnittliche regularisierte Regressionsanalyse eine (5-fache kreuzvalidierte) Minimallösung mit 237 (von insgesamt 329.341) CpG Orten, mit der die Symptomschwere überzufällig vorhersagt werden konnten. Nachgeschaltete longitudinale Analysen bestätigten jedoch die initiale Vermutung, dass die so identifizierten CpG Orte zu großen Teilen den gleichen Varianzanteil der CES-D Skala vorhersagten. Eben dieser Varianzanteil des Phänotyps war in ähnlichem Ausmaß mit dem Alter der Probanden assoziiert; ab einem Alter von 70 Jahren erhöhte sich die Depressivität im Mittel um ca. 0.25 Standardabweichungen pro Lebensjahrzehnt, sodass im Alter von 90 Jahren in etwa 30% (bzw. 15%) der weiblichen (bzw. männlichen) Probanden unter klinisch bedeutsamen psychopathologischen Symptomen bei zeitgleich höherer Methylierung der betroffenen CpG Orte litten. Vor dem Hintergrund dieser möglichen Konfundierung konnte der inkrementelle Prädiktionswert der identifizierten CpG Orte nicht final bestätigt werden, ohne zugleich eine Wahrscheinlichkeit für falsch-positive Testentscheidungen von mindestens 40% zu tolerieren. Auch unter Berücksichtigung der eingeschränkten Überlappung der identifizierten CpG Orte mit denen bis dato publizierter epigenomweiter Assoziationsstudien (welche zum Teil auf deutlich geringeren Fallzahlen beruhen), liegt daher der Schluss nahe, dass die Genese komplexer psychopathologischer Störungen durch eine Vielzahl von epigenetischen Veränderungen vermittelt wird, von denen jede einzelne nur derart geringe Vorhersagebeiträge liefert, dass substantiell größere Stichproben als die der SATSA bzw. Metastudien notwendig wären, um mit relativer Zuverlässigkeit tatsächlich störungsassoziierte CpG-Orte entdecken und von generischen Alterungseffekten unterscheiden zu können.