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Besser älter werden mit Musikunterricht: Auswirkungen von Musikunterricht auf Kognition, Perzeption, Motorik und begleitende hirnplastische Effekte bei Senioren in Deutschland und in der Schweiz

Fachliche Zuordnung Kognitive und systemische Humanneurowissenschaften
Entwicklungspsychologie und Pädagogische Psychologie
Förderung Förderung von 2017 bis 2022
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 323965454
 
Erstellungsjahr 2024

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Musizieren und musikalisches Lernen erzeugen neuroplastische Anpassungen und kann bei älteren Menschen den kognitiven Abbau verlangsamen und die Lebensqualität erhöhen. In unserer weltweit umfangreichsten und längsten Studie untersuchten wir die Auswirkungen des Musizierens und des Musik Hörens auf Senioren, die zuvor nie Musik gemacht hatten. An der randomisierten Längsschnittstudie in Hannover und Genf nahmen 155 gesunde ältere Menschen im Ruhestand (64-78 Jahre) teil. Sie bekamen entweder Klavierunterricht oder theoretischen Musikunterricht mit Hören von Musikstücken („Musik erleben und verstehen“). Über einen Zeitraum von 12 Monaten erhielt die eine Gruppe Klavierunterricht in Zweiergruppen, während die andere Gruppe am Theorie-Unterricht in kleinen Gruppen (4- 6 Teilnehmer) teilnahm. Der wöchentlich einstündige Unterricht wurde von Studierenden der Musikhochschulen erteilt, zusätzlich sollten die Probanden täglich etwa eine halbe Stunde üben bzw. sich mit der Musiktheorie befassen. Die Probanden wurden zu 4 Zeitpunkten, vor Beginn (Baseline), nach 6 Monaten und nach 12 Monaten, sowie 6 Monate nach Beendigung des Unterrichts, untersucht. Dabei wurde zu jedem Messzeitpunkt eine umfangreiche Testbatterie zu kognitiven, perzeptiven und motorischen Fertigkeiten, zur Lebensqualität und zur Depressivität eingesetzt. Zusätzlich wurden funktionelle und strukturelle hirnphysiologische Daten mit der Magnetresonanztomographie erhoben. Das Hauptergebnis ist, dass sowohl Klavierunterricht als auch Musiktheorieunterricht die Hirnalterung verlangsamt und die Lebensqualität erhöht. Meist sind die Effekte nach Klavierunterricht etwas stärker als nach „Musik erleben und verstehen“. Nach 6 Monaten Klavierunterricht war das Verstehen von Sprache bei Hintergrundrauschen besser möglich. Die Feinmotorik war ebenfalls verbessert und die Gedächtnisleistungen hatten leicht zugenommen. Kleine Effekte waren auch bei der Handlungssteuerung zu beobachten. So konnten beide Probandengruppen sich in der kognitiven Flexibilität verbessern. Die hirnphysiologischen Daten ergaben eine generelle Reduktion des physiologischen Abbaus der grauen Substanz mit Zunahme der neuronalen Dichte im Bereich des rechten Schläfenlappens und in einzelnen Regionen des Kleinhirns und des Stirnlappens. Die Faserdarstellung ergab eine Stabilisierung der Fornix, einer für das Gedächtnis wichtigen Projektionsbahn des Hippocampus, die bei der Theoriegruppe abnahm. Zusätzlich fanden sich in der Klaviergruppe eine verstärkte neuronale Netzwerkbildung zwischen Hörregionen und sensomotorischen Regionen. Insgesamt zeigt die Studie sehr überzeugend, dass das Erlernen eines Musikinstruments im Alter möglich ist und zum „guten Altern“ beträgt, in dem es Kognition, Perzeption und Emotion verbessert und die Hirnalterung verzögert. Die Ergebnisse unterstreichen die gesellschaftliche Notwendigkeit eines musikalischen Angebots für Senioren. In zahlreichen Tageszeitungen und Zeitschriften wurde teils mehrfach über unser Projekt berichtet, ebenso wie in zahlreichen Radiobeiträgen.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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