Sozio-Ökonomische Effekte beim Schulübergang zur Sekundarstufe: Lehrer- vs. Elternentscheid
Empirische Sozialforschung
Statistik und Ökonometrie
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Je nach Bundesland in Deutschland haben entweder Lehrer oder Eltern das gesetzliche Recht inne, über die höchste Sekundarstufe zu entscheiden, die ein Kind nach Abschluss der Grundschule besuchen darf. Unter Ausnutzung einer kürzlich durchgeführten Reform auf Bundeslandsebene (Baden-Württemberg), die den Zweck der Lehrerempfehlungen von obligatorisch hin zu informativ geändert hat, wurden die Auswirkungen auf die Übergangsraten zu den drei Sekundarschulpfaden und die Wiederholungsraten in den ersten Klassen der Sekundarstufe (Klassen fünf und sechs) analysiert. Empirisch-methodisch wird dies durch eine disaggregierte Version der synthetischen Kontrollgruppenmethode vollzogen, welche die jeweiligen synthetischen Kontrollen auf Landkreis- und nicht auf Bundeslandsebene bildet. Dies ermöglicht es, die Heterogenität der Effekte genauer zu untersuchen. Die Reform führte zu einer erheblichen Erhöhung (Verringerung) der Übergangsraten zur Realschule und zum Gymnasium (Hauptschule), wobei Kinder in Bezirken mit höherem Haushaltseinkommen stärker reagierten. Gleichzeitig hat sich die Klassenwiederholung in der fünften Klasse fast verdoppelt, und selbst Sechstklässler haben eine um circa 40% höhere Wahrscheinlichkeit, die Klasse wiederholen zu müssen. Diese Evidenz deutet darauf hin, dass Eltern im Gegensatz zu Lehrern Schulwege wählen, die nicht nur den Fähigkeiten des Kindes entsprechen, sondern vor allem auch entsprechend ihrer eigenen Bestrebungen und Überzeugungen – teilweise auf Kosten ihrer Kinder.