FOR 875: Historische Lebenswelten in populären Wissenskulturen der Gegenwart
Sozial- und Verhaltenswissenschaften
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Ausgangspunkt der Forschergruppe war die seit den 1990er Jahren zu beobachtende Konjunktur von Geschichtsdarstellungen in populären Medien und Genres. Die Popularisierung historischer Vergangenheiten - von der Ur- bis zur Zeitgeschichte - wurde in Fallstudien zu Kulturen in Europa, Nordamerika und Asien untersucht. Beteiligt waren Geschichtswissenschaften, Anglistik/Amerikanistik, Slavistik, Skandinavistik, Ethnologie und Medienpädagogik. Unter "populären Geschichtspräsentationen" verstand die Gruppe Darstellungen und Aneignungen, die Wissen über die Vergangenheit in einer verständlichen, attraktiven Weise vermitteln und ein breites Publikum erreichen. Der Bezug auf die Lebenswelten der Rezipienten und Rezipientinnen ist dabei essentiell; er macht Geschichte zugänglich und erleichtert ihre Funktionalisierung für Identitätsstiftung und Orientierung. Populäre Darstellung bietet aber auch Chancen zur Demokratisierung von Geschichte und einen Spielraum für individuelle Aneignungen und das kreative Spiel mit Geschichte. Zentrale Strategien populärer Geschichtsdarstellung sind Personalisierung, Emotionalisierung, Dramatisierung, Narrativierung, Fiktionalisierung und Veranschaulichung. Sie bergen eine Tendenz zur Vereinfachung und Vereindeutigung, aber populäre Darstellungen sind nicht notwendig unterkomplex. Die Analyse populärer Geschichtsdarstellung verlangt nach einem multidisziplinären, kultur- und sozialwissenschaftlichen Zugang, der Text-, Film-, Bild-, Ton-, Artefakt- und Performanzanalysen einschließt. Die Forschergruppe hat hierzu einen Methoden"baukasten" zusammengestellt. Sie hat das Konzept der "Geschichtskultur" weiterentwickelt und mit Ansätzen aus den Cultural Studies und der Medienkulturwissenschaft verknüpft. Insbesondere hat die Forschergruppe die Vielfalt gegenwärtiger populärer Geschichtsdarstellungen aufgezeigt: vom "Geschichtstheater" (Re-enactment, Living History) über semi-/dokumentarische und fiktionale Formate in Film und Fernsehen, Computerspiele, Comics und populäre literarische Genres bis zu Ausstellungen, historischen Themenparks, Internetpräsentationen und Musik. Medienvielfalt, Intermedialität und Medienkonvergenz sind ein markantes Kennzeichen der populären Geschichtskultur weltweit, und einige ihrer Formen (etwa Computerspiele, Filme), werden von vornherein für ein globales Publikum konzipiert. Dies bedeutet nicht notwendig eine Homogenisierung von Geschichtsbildern, denn global verbreitete Produkte werden lokal angeeignet. Die Forschergruppe konnte zeigen, dass populäre Geschichtsdarstellungen eine eigenständige Form der Wissensproduktion und -dissemination sind. Nicht nur "professionelle" Historikerinnen und Historiker machen die Vergangenheit verfügbar; zwischen populären und akademischen Geschichtskulturen gibt es signifikante Interferenzen. Populäre Geschichtsdarstellung folgt häufig einem Mainstream-Verständnis, kann aber auch ein innovatives Potenzial entfalten und z.B. neue, in der Wissenschaft so (noch) nicht vertretene Themen und Perspektiven früh aufgreifen. Sie hat ein hohes didaktisches Potential als "Türöffner" für die Geschichtsvermittlung und die Diskussion geschichtstheoretischer und methodischer Fragen und findet zunehmend in Schulbücher und andere Lehrmaterialien Eingang, um Wissen "attraktiv" zu vermitteln.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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(2011): Black History – White History. Britain’s Historical Programme between Windrush and Wilberforce. Bielefeld: transcript (= Historische Lebenswelten in populären Wissenskulturen/History in Popular Cultures)
Korte, Barbara/Pirker, Eva Ulrike
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Wa(h)re Archäologie. Die Medialisierung archäologischen Wissens im Spannungsfeld von Wissenschaft und Öffentlichkeit. Bielefeld: transcript (= Historische Lebenswelten in populären Wissenskulturen/History in Popular Cultures)
Kircher, Marco
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(2009): History goes Pop: Zur Repräsentation von Geschichte in populären Medien und Genres. Bielefeld: transcript (= Historische Lebenswelten in populären Wissenskulturen/History in Popular Cultures)
Korte, Barbara/Paletschek, Sylvia (Hg.)
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(2010): Echte Geschichte: Authentizitätsfiktionen in populären Geschichtskulturen.Bielefeld: transcript (= Historische Lebenswelten in populären Wissenskulturen/History in Popular Cultures)
Rüdiger, Mark/Pirker, Eva Ulrike/Klein, Christa/Leiendecker, Thorsten/Oesterle, Carolyn/Sénécheau, Miriam/Uike-Bormann, Michiko (Hg.)
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(2010): Geschichte, Archäologie, Öffentlichkeit: Für einen neuen Dialog zwischen Wissenschaft und Medien. Standpunkte aus Forschung und Praxis.Bielefeld: transcript (= Historische Lebenswelten in populären Wissenskulturen/History in Popular Cultures)
Gehrke, Hans-Joachim/Sénécheau, Miriam (Hg.)
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(2010): Staging the Past: Themed Environments in Transcultural Perspectives.Bielefeld: transcript (= Historische Lebenswelten in populären Wissenskulturen/History in Popular Cultures)
Hochbruck, Wolfgang/Schlehe, Judith/Oesterle, Carolyn/Uike-Bormann, Michiko (Hg.)
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(2012): Mittelalter Computer Spiele. Zur Darstellung von Geschichte im populären Computerspiel. Bielefeld: transcript (= Historische Lebenswelten in populären Wissenskulturen/History in Popular Cultures)
Heinze, Carl
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(2012): Popular History Now and Then. International Perspectives.Bielefeld: transcript (= Historische Lebenswelten in populären Wissenskulturen/History in Popular Cultures)
Korte, Barbara/Paletschek, Sylvia (Hg.)
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(2013): Geschlecht und Geschichte in populären Medien.Bielefeld: transcript (= Historische Lebenswelten in populären Wissenskulturen/History in Popular Cultures)
Cheauré, Elisabeth/Paletschek, Sylvia/Reusch, Nina (Hg.)
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(2013): History and Humour – British and American Perspectives. Bielefeld: transcript
Korte, Barbara/Lechner, Doris(Hg.)
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(2014): Religion, Tradition and the Popular: Transcultural Views from Asia and Europe. Bielefeld: transcript
Schlehe, Judith/Sandkühler, Evamaria (Hg.)