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Nahrung als Zeichensystem. Die reflexive Funktionalisierung des Essens in der französischen Literatur der Moderne am Beispiel von Jean-Jaques Rousseau, Gustave Flaubert und Marcel Proust
Antragstellerin
Professorin Dr. Christine Barbara Ott
Fachliche Zuordnung
Europäische und Amerikanische Literatur- und Kulturwissenschaften
Förderung
Förderung von 2007 bis 2008
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 35039430
Ziel dieser Arbeit ist es zu zeigen, wie das Essen in der französischen Literatur der Moderne zu einem zentralen Artikulations- und Reflexionsmodell für anthropologisch-gesellschaftsutopische und dichtungstheoretische Entwürfe wird. Der kreatürliche Akt des Essens wird – in diesen Entwürfen – zum literarischen Motiv oder zur Metapher, kurz: zum Zeichen für etwas anderes. In ihrer Gesamtheit bilden solche Essens- Zeichen ein literarisch codiertes Zeichensystem. Dieses verhielt sich zu konkurrierenden Diskursivierungen des Essens immer schon konträr. Neigt die theologische, naturwissenschaftliche oder zivilisatorische Codierung des Essens traditionell dazu, seine sinnlichkreatürlichen, aggressiv-instinktiven Aspekte zu sublimieren und zu rationalisieren (das Fleisch muss Wort werden), so strebt die Literatur seit jeher nach einer entsublimierenden Gegenbewegung (das Wort soll wieder Fleisch werden). Es geht ihr dabei um viel mehr als um Tafelfreuden: nämlich um die Wiedergewinnung einer im Zivilisationsprozess verdrängten Kreatürlichkeit. In der Moderne wird das Problem virulent. Nicht nur die Literatur, auch Biologie, Medizin, Diätetik, Gastronomie, Philosophie zeigen jetzt eifrigstes Interesse an Ernährung, Verdauung und Kochkunst, und hinter alledem steht die Frage nach der Beziehung, und nach einer denkbaren Wiederversöhnung, von Körper und Geist, Natur und Kultur. Das Essen spielt indes nicht nur in den literarischen Diskussionen um menschliches Glück oder Unglück die Hauptrolle, sondern auch bei der Suche nach einem neuen Konzept von ‚Literatur’. Im Rahmen des radikalen Umdenkens, aus dem die ‚moderne Literatur’ hervorgehen wird, entwickelt sich die Speisemetaphorik zu einem prominenten Denkmodell, das es erlaubt, die neuen dichtungstheoretischen Anliegen zu definieren und zu reflektieren. Diese reflexive Funktionalisierung der Essensmotivik und -metaphorik soll beispielhaft an den Werken Jean-Jacques Rousseaus, Gustave Flauberts und Marcel Prousts aufgezeigt werden.
DFG-Verfahren
Forschungsstipendien
Internationaler Bezug
Frankreich
Gastgeber
Professor Dr. Georges Benrekassa; Jaques Neefs