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Frühneuzeitlicher Orienthandel und siebenbürgisch-sächsische Identitätsbildung. Die osmanischen Teppiche der evangelischen Stadtkirche in Bistritz/Bistrita (Rumänien) im Germanischen Nationalmuseum

Fachliche Zuordnung Frühneuzeitliche Geschichte
Kunstgeschichte
Förderung Förderung von 2017 bis 2021
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 354985025
 
Das Germanische Nationalmuseum bewahrt seit 1952 55 osmanische Teppiche des 16. bis 18. Jh. aus der evang. Stadtkirche A.B. in Bistritz. Dieser in seiner historischen Vollständigkeit einzigartige Bestand wird erstmals Gegenstand eines umfassenden Forschungsprojekts, das die frühneuzeitliche Bedeutung der Teppiche wie ihre identitätsstiftende Rolle im 19. und frühen 20. Jh. analysiert.Die in Anatolien hergestellten Teppiche gelangten seit der Mitte des 15. Jhs. über Handelswege nach Siebenbürgen. Als ökonomisch bedeutsame Luxusgüter sind sie Zeugnisse der intensiven wirtschaftlichen Vernetzung und des Kulturtransfers zwischen dem Osman. Reich und dem christl. Europa, deren Drehscheibe das zeitweise unter osmanischer Oberhoheit stehende Siebenbürgen war. Mit Hilfe der kunsthistorischen und kunsttechnologischen Untersuchung einer repräsentativen Auswahl von 20 Teppichen und der Auswertung schriftlicher Quellen wie Zollregistern gilt es, Datierungen und Herkunftsorte der Waren zu präzisieren und so Zeiträume und Routen des Handels genauer zu bestimmen. Als Statussymbole und Geschenke standen die Teppiche im Kontext der Repräsentationskultur des deutschen Adels und Bürgertums sowie der Zünfte in Siebenbürgen. Sie gelangten seit der Reformation meist als Stiftungen in die evangelischen Kirchen, wo sie trotz ihrer islamischen Wurzeln, insbesondere der Gebetsteppiche, Funktionen in Liturgie und Zeremonien bekamen. Aufschlüsse darüber werden aus Quellen wie Inventaren, Mesnerbüchern und Testamenten erwartet. Historische Inschriften und Graffiti auf den Teppichen sind ebenso zu untersuchen. Darüber hinaus beschäftigt sich das Projekt mit dem Schicksal der Teppiche im 19. und frühen 20. Jh. Sie erfuhren in der ersten Hälfte des 19. Jhs. eine geringe, an ihrem heutigen Zustand ablesbare Wertschätzung durch die Gemeindemitglieder. Dennoch waren sie Bestandteil der deutschsprachigen Kultur in Siebenbürgen geworden und übernahmen eine identitätsstiftende Rolle für die Siebenbürger Sachsen, die sich im Zuge rumänischer Nationalisierungsbestrebungen im 19. Jh. über ihr Geschichtsbewusstsein gegenüber den benachbarten Ethnien abzugrenzen suchten. Ab 1907 wurden die Teppiche nach musealen Konzepten zum oftmals wandfüllenden Schmuck der evangelischen Kirchen. Dort waren sie ausgestellt als Zeugnisse aus Siebenbürgens durch osman. Handelsbeziehungen geprägter wirtschaftlicher Blütezeit im 15. bis 17. Jh. Das Projekt wird anhand der anatolischen Teppiche wichtige Aspekte des frühneuzeitlichen transosmanischen Warenaustauschs sowie der Verwendung und Bedeutung dieser Waren in dem im Grenzgebiet des Osmanischen Reichs liegenden Siebenbürgen beleuchten. Erwartet werden neue Erkenntnisse über den Handel mit Teppichen selbst, die als Luxusgüter einen besonderen Stellenwert innerhalb der Warengruppen einnahmen, sowie deren Bedeutung und Nachnutzung in Siebenbürgen, wohin sie osmanische Kultur transportierten und wo sie selbst zum Bestandteil der sächsischen Kultur wurden.
DFG-Verfahren Schwerpunktprogramme
Internationaler Bezug Rumänien, Schweiz
 
 

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