Historisch-kritische Edition von Otto Ludwigs »Romanstudien«
Allgemeine und vergleichende Literaturwissenschaft; Kulturwissenschaft
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Das Projekt „Historisch-kritische Edition von Otto Ludwigs ,Romanstudien‘“ hatte zum Ziel, einen der wichtigsten literaturtheoretischen Texte des 19. Jahrhunderts in einer zuverlässigen, authentischen Fassung zugänglich zu machen. Grundlage für die Edition waren nachgelassene Studienhefte des Schriftstellers Otto Ludwig (1813–1865), die zwischen 1855 und 1862 entstanden. In ihnen hielt Ludwig seine Gedanken zur Theorie des Romans und der Erzählung fest, oft angestoßen durch die Lektüre von Romanen insbesondere englischsprachiger Autor*innen wie Walter Scott, Charles Dickens und George Eliot. Seine Reflexionen über die Grundlagen und Bauprinzipien des Erzählens lagen bisher nur in einer Teiledition aus dem späten 19. Jahrhundert vor, die nicht mehr den heutigen editorischen Standards entspricht und die einen stark gekürzten, neu arrangierten und strukturell wie stilistisch deutlich von der Handschrift abweichenden Text präsentiert. Im Rahmen des geförderten Editionsvorhabens sollte nun erstmals das gesamte Manuskript ediert und der edierte Text mit einem textkritischen Apparat und mit einem erschließenden Sachkommentar zur Verfügung gestellt werden. Wie alle Nachlassedition lag auch bei diesem Vorhaben eine besondere Herausforderung in der Vermittlung zwischen den gegensätzlichen Ansprüchen, einerseits einen ohne größere Hürden les- und zitierbaren Text anbieten und andererseits den Charakter des Unabgeschlossenen der privaten Aufzeichnungen beibehalten zu wollen. Hierbei galt es auch den Dokumententyp des Studienheftes in seinen spezifischen Merkmalen zu beachten. Studienhefte werden häufig zur Notation größerer Text- und Argumentationszusammenhänge gebraucht. Im Vergleich etwa mit dem Notizbuch zeichnen sie sich deshalb durch eine übersichtlichere Textverteilung und klarere räumliche Strukturierung (etwa durch die Trennung von Haupt- und Marginalienspalte) aus. Im Ergebnis wurde für die Edition daher eine Präsentationsform gewählt, die sich zwar an der Raumstruktur des Manuskripts orientiert, gleichzeitig aber den Text nicht durch eine Vielzahl von Herausgeberzeichen überlastet und dadurch die Rezeption größerer Textzusammenhänge unnötig erschwert. Die textgenetischen Informationen, also alle Angaben über Korrekturspuren in der Handschrift, werden in einem Einzelstellenapparat aufgeführt, wobei durch dezente Hinweismarkierungen im edierten Text der entsprechende Eintrag im Apparat leicht gefunden werden kann. Mit dem Erscheinen der Printfassung im Frühjahr 2021 konnte das vorrangige Ziel der Edition erreicht werden. Generiert wurde diese Fassung aus einer im XML/TEI-Format angefertigten Codierung des Manuskripttextes, die im Verlaufe des Projekts erarbeitet wurde. Mit dieser Codierung ist zugleich die Grundlage dafür gegeben, die Forschungsdaten langfristig auch in maschinenlesbarer Form bereitstellen zu können.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
- „Das Studienheft als Dokumententyp und Editionsgegenstand. Am Beispiel von Otto Ludwigs Romanstudien.“ In: Mira Berghöfer, Anne-Elisabeth Beron, Fabian Etling et al. (Hg.): (un)documented. Was bleibt vom Dokument in der Edition? Berlin, Boston: de Gruyter 2020, S. 21–38
Matthias Grüne
(Siehe online unter https://doi.org/10.1515/9783110692631-003) - Romanstudien. Historisch-kritische Edition. Hg. von Matthias Grüne unter der Mitarbeit von Tobias Eiserloh. Köln: Böhlau 2021
Otto Ludwig; Hg.: Matthias Grüne unter der Mitarbeit von Tobias Eiserloh
(Siehe online unter https://doi.org/10.7788/9783412521196)