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Das urbariale Schriftgut der Abtei Reichenau (2. Hälfte des 15. Jahrhunderts)

Fachliche Zuordnung Mittelalterliche Geschichte
Förderung Förderung von 2017 bis 2019
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 358446120
 
Das Vorhaben beinhaltet die fachgerechte Edition und Auswertung des urbarialen Schriftguts der Abtei Reichenau aus dem Spätmittelalter. Ein Gesamturbar, das die grundherrlichen Einkünfte aus Geld- und Naturalzinsen sowie die Zehnten verzeichnet, wurde 1459 erstellt. Weil der Band in der Frühen Neuzeit aufgeteilt und unter verschiedenen Pertinenzen abgelegt wurde, ist seine Rekonstruktion erforderlich. Für manche Ämter liegen ergänzende Urbarrenovationen und Zehntregister vor. Hinzu kommt das Memorabilienbuch des Großkellers und Abts Johann Pfuser von Nordstetten (+1491); dessen Angaben über Einkünfte, Ausgaben, Herrschaftsrechte und ihre Absicherung zeigen die Intentionen der damaligen Reichenauer Güterpolitik auf. Diese Dokumente sind die Hauptquellen für die Reichenauer Grundherrschaft und Ökonomie im Spätmittelalter; sie erlauben zum einen die Rekonstruktion der Reichenauer Grundherrschaft in räumlicher und materieller Hinsicht, zum anderen eine - zumindest annäherungsweise - Bestimmung der regelmäßigen Einkünfte, auf die Reichenau einen berechtigten Anspruch erhob. Die Quellen entstanden im Zuge der Ausweitung und Professionalisierung der Reichenauer Kanzleitätigkeit in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts. Damals geriet die Abtei Reichenau in eine Überschneidungszone eidgenössischer und habsburgischer Machtinteressen; die schriftliche Erfassung der Güter und Rechte trug zur Absicherung und Legitimation der Reichenauer Position bei. Das Vorhaben schließt eine Forschungslücke, weil damit die Reichenauer Grundherrschaft und Ökonomie der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts erstmals systematisch erfasst wird. Die ältere Forschung konzentrierte sich auf die Reichenauer Blütezeit im Früh- und Hochmittelalter und zog die genannten Quellen allenfalls selektiv heran, um auf ältere Zustände zurückzuschließen. Die umfassende Edition und Auswertung dieses Materials wird aufzeigen, wie sich die Abtei Reichenau in ihrer Spätzeit im regionalen Rahmen als eigenständiger Akteur behauptete. Die Untersuchung darf exemplarisches Interesse beanspruchen, denn die Abtei Reichenau repräsentiert den Fall einer kleinen, nicht zur vollen Territorialstaatlichkeit gelangten geistlichen Herrschaft, wie er im Südwesten des Reichs häufig vorkam. Das Projekt ist grenzüberschreitend, insofern die deutsche und die schweizerische Seite des westlichen Bodenseeraums betroffen sind.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
Kooperationspartnerinnen / Kooperationspartner Dr. Michael Hohlstein; Professorin Dr. Gabriela Signori
 
 

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