Paläo-Tempestologie des jüngeren Holozäns im Westen Großbritanniens (Irland und Äußere Hebriden) gestützt auf geomorphologisch-pedologische und archäologische Indizien
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Unübersehbare Zeugnisse extremer Wellenereignisse an den Küsten der Erde sind u.a. große Blöcke, welche aus dem Meer oder direkt von der Küste landeinwärts transportiert wurden. Dieses lässt sich durch angeheftete Organismen wie Korallen, Wurmschnecken oder Kalkalgen beweisen, und außerdem ist es möglich, den Zeitpunkt der Blockbewegung durch den Zeitpunkt des Absterbens dieser Organismen zu bestimmen. Fraglich bleibt allerdings, welche Wellen (von Winterstürmen der Außertropen, Wirbelstürmen der Tropen oder Tsunamis) den Blocktransport verursachten. Die Blöcke befinden sich meist weit außerhalb der Reichweite auch extremster Sturmbrandung, verwittert, auf älteren Böden oder in Vegetation und wurden nach ihrer Ablagerung niemals wieder von Wellen bewegt. Physikalische Überlegungen schließen nicht nur den Transport sehr großer Blöcke durch Sturmwellen, sondern auch „Superstürme" früherer Zeiten mit stärkeren Winden aus. Arbeiten aus Irland und Schottland haben kürzlich die relativ weite Verbreitung von Wällen aus großen Blöcken (bis über 501) und in großer Höhe (bis 50 m ü.M) dargestellt und gefolgert, dass diese das Ergebnis von Stürmen der letzten 200-300 Jahren sind, was ein starkes Medienecho in Bezug auf die extreme Wellenenergie im Westen Großbritanniens zur Folge hatte. Wären die Schlussfolgerungen richtig, müssten britische Sturmwellen energiereicher als alle bisher nachgewiesenen Tsunamis des jüngeren Holozäns sein. Eigene Untersuchungen, auch gestützt auf archäologische Indizien seit dem Neolithikum wie Muschelabfallhaufen, Fluchtburgen auf Kliffen, Küstensiedlungen oder Bootshäuser hatten zum Ziele, die Geschichte früherer extremer Wellenereignisse aufzuhellen („Paläo-Tempestologie" oder Tsunamis). Absolute Altersbestimmungen an den verlagerten Großblöcken beweisen, dass diese teilweise seit Jahrtausenden, mindestens aber seit vielen Jahrhunderten unbeweglich liegen und bereits stellenweise von mächtigen Torflagen überwachsen sind. Außerdem kommen sie nicht nur in exponierter Lage und am tiefen Wasser vor, sondern sogar im Schütze von Inseln, innerhalb von Buchten und an Flachwassergebieten, was Sturmwellen von vornherein ausschließt. Die Begrenzung der Alter auf wenige Datenhäufungen spricht ebenfalls gegen ständigen Sturmwelleneinfluss, sondern stärkt die Annahme einzelner Großereignisse wie Tsunamis, die inzwischen nicht nur im Norden Schottlands, sondern auch in SW - England und Wales nachgewiesen wurden.