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Aufbau eines Inkunabel-Census für die Bundesrepublik Deutschland

Subject Area Early Modern History
Term from 2006 to 2012
Project identifier Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Project number 36432379
 
Final Report Year 2013

Final Report Abstract

Der Inkunabel-Census Deutschland spielt als deutsche Redaktionsstelle des seit Anfang der 1980er Jahre an der British Library, London, angesiedelten ,International Incunabula Short Title Catalogue’ (ISTC) eine zentrale Rolle als Schnittstelle zwischen deutschen Bibliotheken mit Inkunabelbesitz und internationalen bibliographischen Nachweissystemen. Ziel der Arbeit der Münchener Redaktionsstelle, die seit 1.10.1989 von der DFG gefördert wurde, war die möglichst vollständige und aktuelle Dokumentation der in Deutschland vorhandenen Inkunabelbestände im ISTC. Die Arbeit der Münchener Redaktionsstelle erfolgte in ständigem Austausch mit dem seit 1904 an der Berliner Staatsbibliothek angesiedelten ‚Gesamtkatalog der Wiegendrucke’ (GW), dessen Arbeit nach der deutschen Teilung aufgrund des Zweiten Weltkriegs weitgehend zum Stillstand gekommen war, aber seit der Wiedervereinigung wieder voranschreitet. ISTC und GW fungieren als Nachweisinstrumente mit unterschiedlichen Zielsetzungen, die sich gegenseitig ergänzen; beide Ressourcen sind seit dem Jahr 2003/4 frei im Internet zugänglich. In deutschen Sammlungen findet sich weltweit der größte Bestand an Inkunabeln (aktuell laut ISTC fast 140.000 Exemplare). Im Unterschied zu vielen anderen Ländern sind die Drucke des 15. Jahrhunderts in Deutschland jedoch auf sehr viele heterogene Institutionen verteilt. Aus diesem Grund sind die Bestände bis heute sehr unterschiedlich, nicht selten überhaupt nicht erschlossen. Die Münchener Arbeitsstelle wurde daher an der Bayerischen Staatsbibliothek angesiedelt, die mit über 9.700 Ausgaben in ca. 20.000 Exemplaren über den größten und auf hohem Niveau erschlossenen Inkunabelbestand in Deutschland und über ein breites Spektrum der einschlägigen bibliographischen Spezialliteratur verfügt. Im Projekt wurden gezielt Informationen über die in deutschen Institutionen aufbewahrten Inkunabeln gesammelt und die Drucke in die ISTC-Datenbank aufgenommen. Daneben stellte die Münchener Redaktion kontinuierlich deutschen Bibliotheken ISTC-Datensätze als Grundlage für die Erstellung gedruckter und elektronischer Bestandskataloge und für andere Projekte zur Verfügung. Digitalisate von Inkunabeln aus deutschen Bibliotheken werden im ISTC zentral nachgewiesen und so einem internationalen Nutzerkreis bekannt gemacht. In seiner Funktion als zentraler und aktueller Gesamtnachweis von Inkunabelbeständen weltweit hat der ISTC in den letzten Jahren auch eine zentrale Rolle bei der Koordination von Inkunabeldigitalisierungsprojekten übernommen. Die Datenbank kann so als ein Clearinghouse fungieren, das – mit dem Ziel des Aufbaus einer möglichst umfassenden verteilten digitalen Inkunabelbibliothek – die Entwicklung einer abgestimmten Strategie zur Priorisierung von Inkunabeldigitalisierungen auf nationaler und internationaler Ebene und damit einen effizienten Einsatz der verfügbaren Projektmittel ermöglicht. Als Ergebnis des Projekts ist die Bearbeitung der großen öffentlichen Sammlungen in Deutschland auf international vorbildlichem Niveau weitgehend abgeschlossen, auch wenn aufgrund von Neufunden und anderen Bestandsveränderungen immer wieder Korrekturen unvermeidlich sein werden. Als deutsche Redaktionsstelle des ISTC wird die Bayerische Staatsbibliothek weiterhin auch dafür Sorge tragen, dass Digitalisate von Inkunabeln deutscher Bibliotheken im ISTC verzeichnet werden, um so Benutzern über die zentrale Nachweisdatenbank den unmittelbaren Zugriff auf die Primärquellen zu ermöglichen. Nach Auslaufen der DFG-Förderung wird die Redaktionsstelle des ISTC jedoch in noch stärkerem Maße als bisher auf Zumeldungen durch die besitzenden Institutionen angewiesen sein. Im Dezember 2012 enthielt die lokale Münchener Datenbank des Inkunabel-Census Deutschland 29.953 Titelaufnahmen. Während der gesamten bisherigen Projektlaufzeit wurden insgesamt 2.527 Ausgaben des 15. Jahrhunderts, also fast 10 % aller heute noch nachweisbaren Wiegendrucke, von der Münchener Arbeitsstelle neu in den ISTC aufgenommen. Gegenüber der bei Projektbeginn geschätzten Zahl von Sammlungen und Inkunabeln in Deutschland ergaben sich durch die deutsche Wiedervereinigung grundlegende Veränderungen, da während der Projektlaufzeit auch Inkunabelbestände in den neuen Bundesländern zu bearbeiten waren, die oft erst unzureichend erschlossen waren. Aktuell sind Angaben zu 1.545 Institutionen in Deutschland, in deren Besitz sich heute oder zu einem früheren Zeitpunkt Inkunabeln befunden haben, bei der Münchener Arbeitsstelle erfasst. Als Ergebnis der Arbeit der Münchener Redaktionsstelle des Deutschen Inkunabel-Census enthält die ISTC-Datenbank derzeit gesicherte Angaben zu insgesamt 139.879 Inkunabelexemplaren in 844 heute noch existierenden deutschen Sammlungen. Derzeit sind bei über 7.300 ISTC-Titelaufnahmen, also bei etwa jeder vierten Inkunabelausgabe, Digitalisate nachgewiesen.

Publications

  • Collecting, Cataloguing, and Digitizing Incunabula. Activities and Projects of the Bayerische Staatsbibliothek Munich. In: Tra I libri del passato e le tecnologie del presente. La catalogazione degli incunaboli, hrsg. v. Lorenzo Baldacchini und Francesca Papi. Bologna: Editrice compositori, 2011 (Emilia Romagna bibliotheche archivi 72), S. 31-45
    B. Wagner
  • Die ältesten Drucke im Internet. Vom lokalen Inkunabelkatalog zu einem koordinierten nationalen Digitalisierungsprojekt, in Zeitschrift für Bibliothekswesen und Bibliographie 58 (2011), S. 19-27
    B. Wagner
  • Digitization of Books Printed in the Fifteenth Century: A Project of the Bayerische Staatsbibliothek at Munich. German Studies Library Group Newsletter 43 (April 2011), S. 24-28
    B. Wagner
  • Ein Wissensraum im Wandel. Die Bibliothek von St. Emmeram zur Zeit von Laurentius Aicher (1459-1507). In: Gelehrtes Leben im Kloster. Sankt Emmeram als Bildungszentrum im Spätmittelalter, hrsg. v. Peter Schmid und Rainer Scharf. München: Meidenbauer, 2012, S. 139-186
    B. Wagner
 
 

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