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Institutionelle Wahl in der globalen Finanzmarktregulierung

Fachliche Zuordnung Politikwissenschaft
Förderung Förderung von 2017 bis 2021
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 365573580
 
Erstellungsjahr 2022

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Das System der globalen Finanzmarktregulierung besteht aus einer Vielzahl von Regulierungsinstanzen, zwischen denen es ein hohes Maß an Variation hinsichtlich des (a) institutionellen Designs und (b) Regulierungsoutputs gibt. Zum Beispiel werden Mindestkapitalanforderungen für Banken vom Basel Committee of Banking Supervisors (BCBS) entwickelt, einer transgouvernementalen Organisation der staatlichen Zentralbanken, während Bilanzierungsstandards vom privaten International Accounting Standards Board (IASB) verbreitet werden. Manche Institutionen, wie der Internationale Währungsfonds (IWF), schaffen bindende Regeln, während z.B. das IASB auf freiwillige Regeln setzt. In diesem Projekt wurde gefragt, (1) welche institutionellen Designs und Regulierungsoutputs sich unterscheiden lassen, (2) wie sich die institutionelle Designs und der Output darstellen und über die Zeit entwickelt haben, und insbesondere (3) warum die verschiedenen institutionellen Designs und Outputs der globalen Finanzmarktregulierung von den Akteuren gewählt wurden. Um diese Fragen zu beantworten, wurden mit Hilfe eines theoretisch informierten Kodierschemas das institutionelle Design und die Verrechtlichung sowie eine Reihe weiterer Designmerkmale gemessen und für alle Institutionen der globalen Finanzmarktregulierung in einer Datenbank „Design of Financial Governance Database (DEFIGOD)“ zusammengefasst. Mit DEFIGOD liegt nun ein neuer, originärer Datensatz für 20 Institutionen der Finanzmarktregulierung mit jeweils 9500 Codes für die Jahre 1967, 1977, 1987, 1997, 2007 und 2017 sowie das jeweilige Gründungsjahr vor. Die Datenbank wird in digitaler Form zur Verfügung gestellt werden. Einige der zentralen Projektergebnisse lassen sich folgendermaßen zusammenfassen: Institutionelle Veränderungen lassen sich durch exogene Schocks in Form von Finanz- und Legitimitätskrisen erklären. Allerdings werden die Effekte dieser Schocks sehr stark durch die zuvor bestehende Institutionalisierung moderiert. Jene Institutionen, die bereits stark formalisiert sind, verändern sich trotz der Schocks weniger als jene, die informell sind. Damit folgt das Muster des Wandels in einem starken Maße den Erwartungen des historischen Institutionalismus bzw. Modellen eines „punctuated equilibrium“. Bezüglich der Determinanten von Verrechtlichung konnten wir insbesondere zeigen, dass das Vorhandensein distributiven Konflikts in dem jeweiligen Regulierungsfeld verbunden mit großen Machtunterschieden zwischen den Mitgliedern der Institution eine Bedingung für einen höheren Verrechtlichungsgrad darstellt. Methodisch ist im Projekt ein Mix quantitativer und qualitativer Verfahren, insbesondere Regressionsanalyse und fuzzy set QCA, zum Einsatz gekommen. Das Projekt hat zu den Debatten um neue Steuerungsformen und Verrechtlichung beigetragen und deren empirische Anwendung um die Finanzmarktregulierung erweitert. Im Unterschied zu den Einzelfall- bzw. klein-N Studien, die diese Felder zuvor geprägt haben, wurde eine systematische empirische Analyse auf der Basis einer großen Fallzahl vorgelegt. Außerdem hat es zur Debatte um die Finanzmarktregulierung nach der globalen Finanzkrise beigetragen. Zwar beschreibt eine breite Literatur die Schwächen der internationalen Finanzmarktregulierung, Analysen der politischen Ursachen dieser Schwächen fehlen aber. Sie waren zentral in diesem Projekt und können in praktischer Hinsicht zu einer verbesserten Regulierung beitragen.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • (2019) 'Constructing Cases and Conditions in QCA – Lessons from Grounded Theory', International Journal of Social Research Methodology 22(6): 599-610
    Jopke, N., and Gerrits, L.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1080/13645579.2019.1625236)
  • (2020) 'Indirect Governance in Global Financial Regulation', In K. W. Abbott, P. Genschel, D. Snidal, and B. Zangl (Eds.), The Governor's Dilemma: Indirect Governance Beyond Principals and Agents, Oxford: Oxford University Press, 203-222
    Rixen, T., and Viola, L.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1093/oso/9780198855057.003.0010)
  • (2020) 'The Unintended Consequences of Regulatory Import: The Basel Accord’s Failure During the Financial Crisis', Journal of European Public Policy
    Becker, M., and Linder, S.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1080/13501763.2020.1725096)
 
 

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