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Krise und Zivilgesellschaft. Der Beitrag zivilgesellschaftlicher Selbstorganisation zum Reformprozess in Griechenland

Fachliche Zuordnung Empirische Sozialforschung
Förderung Förderung von 2017 bis 2020
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 372597846
 
Erstellungsjahr 2022

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Die Studie weist die krisenbedingte Bürgermobilisierung als ein plurales Phänomen aus, dem man - entgegen gängigen Annahmen der griechischen Zivilgesellschaftsforschung - durchaus Potential zur Ausbaufähigkeit bürgerschaftlicher Selbstaktivierung attestieren kann. Die Schaffung verschiedenartiger Selbstorganisationsformen hat nicht nur die Resilienzkraft der Gesellschaft unter Beweis gestellt. Sie deutet darüber hinaus auch auf eine Entstehung und Verbreitung problemlösender, zur Bewältigung der aus der Krise entstandenen Notlagen entwickelter Handlungsmuster hin, die, in den gesellschaftlichen Wissensbestand eingelagert, jederzeit reaktivierbar sind – wie sich seither in etlichen Problemlösungsinitiativen mit Bürgerpartizipation gezeigt hat. Zu deren Verbreitung hat der Umstand beigetragen, dass sich in der Handlungsmotivation eines großen Teils der Bürgerinitiativen die solidarische Unterstützungspraxis mit dem Anspruch verbindet, motivations- und verhaltensbildend für zivilgesellschaftliches Bürgerengagement zu wirken, d. h. über den krisenbedingten Anlass hinaus die Partizipationsbereitschaft zu steigern. Man kann daher auch vom Anspruch auf eine Übersetzungsleistung sprechen: Nicht selten ist ein Handlungsverständnis vorherrschend, demzufolge die Unterstützung bei den Problemen der materiellen Alltagsreproduktion einen Beitrag zur Bürgerpartizipation und demokratischen Teilhabe leisten soll. Von Übersetzung im Sinne einer Transformation kann zudem in Bezug auf das Phänomen des erstarkenden Dritten Sektors gesprochen werden. Setzt man das prävalente Handlungsmuster der ‚Hilfe zur Selbsthilfe‘ voraus, so treten kooperationsbezogene Handlungsorientierungen in den Blick, die zu den je spezifischen Problemlösungsaufgaben passen. Insofern stellen Übergänge von informeller zur formalen Organisation, Grenzüberschreitungen zwischen den Sektoren (Gesellschaft, Ökonomie) und hybride Strukturen keine Überraschung mehr dar. Aus wissenssoziologischer Sicht ist dieses Grenzgängertum durchaus nachvollziehbar, denn, stellt man die soziale Praxis in den Kontext problembezogener Handlungsorientierungen, so sollte es möglich sein, dass solche Orientierungen Problemlagen und Lösungsansätze situationsgerecht austarieren können. Die Impulse der zivilgesellschaftlichen Mobilisierung münden also in Kontexte kooperativen Handelns ein, an denen die Entstehung bzw. Stärkung der Sozialökonomie erkennbar sind. Vor allem an der Entwicklung zahlreicher alternativer Netzwerke lässt sich die Übertragung der Problemlösungskompetenzen von der Ebene der Bewältigung akuter Notlagen auf die einer Reform der Marktbeziehungen im genossenschaftlichen Geist nachzeichnen. Somit fließen, trotz der oben genannten Spannungen und Widersprüche, die Impulse und Werte sozialökonomischer Unternehmungen – zusammen mit ähnlich gelagerten Handlungsorientierungen in den anderen Bereichen alternativen Wirtschaftens und damit verbundener Warenzirkulation (u. a. kleinteilige Sozialwirtschaft, Tauschhandel, Zeitbanken) – in den Aufbau einer sozialen und solidarischen Ökonomie ein.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • 2020: Krise, Zivilgesellschaft, Selbstorganisation. Am Beispiel Griechenlands, Würzburg: Königshausen & Neumann
    Konstadinos Maras
 
 

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