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Ergodentheorie nichtlinearer Wellen in diskreten und kontinuierlichen anregbaren Medien

Fachliche Zuordnung Mathematik
Förderung Förderung von 2017 bis 2021
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 384027439
 
Erstellungsjahr 2021

Zusammenfassung der Projektergebnisse

In diesem Projekt haben wir voll diskrete und kontinuierliche Modelle von anregbaren Medien im Hinblick auf mathematische Aspekte analysiert und verglichen. Diese Medien kommen häufig in räumlich ausgedehnten physikalischen, chemischen und biologischen Systemen vor. Hier erzeugt eine ausreichend starke Störung eines Ruhezustandes eine Anregung, die zu ihren Nachbarn weitergeleitet wird, gefolgt von einer refraktaren Phase bei der Rückkehr zum Ruhezustand. Nichtlineare dynamische Systeme können solche Medien modellieren und, in Übereinstimmung mit realen und experimentellen Beobachtungen, sich fortbewegende, lokalisierte Pulse reproduzieren. Paradigma für anregbare Medien sind Nervenaxone und Myocardium bei denen eine depolarisierende elektrische Anregung ein uni-direktional bewegtes Aktionspotenzial als Mittel zum Informationstransport erzeugt. Disfunktionaler Transfer führt zu verschiedenen lebensbedrohlichen Erkrankungen, so dass eine Analyse der fundamentalen Prinzipien perspektivisch den Behandlungen nützen könnte. Die Modellierung und Analyse von anregbaren Medien wird dominiert durch partielle Differentialgleichungen (PDG), die gut zu einem effektiv raum-zeitlich kontinuierlichen physikalischen System passen. Allerdings besitzen beispielsweise myelinierte Nervenaxone eine diskrete Struktur, und eine hinreichend allgemeine strenge mathematische Theorie für interagierende Wellen in PGD ist nicht verfügbar. Zelluläre Automaten (ZA) bieten eine Alternative als Modelltyp, in dem Raum, Zeit und Zustände in diskreten Menge liegen. In diesem Projekt konnten wir die Langzeitdynamik der sogenannten Greenberg-Hastings ZA (GHZA) für anregbare Medie durch spezifische Wellendynamik vollständig charakterisieren, insbesondere sich bei Kollisionen annihilierende ‘Aktionspotenziale’. Darüber hinaus haben wir die dynamische Komplexität im Sinne der topologischen Entropie bestimmt. Bezüglich der Kontinuumsperspektive mit PDG haben wir eine Reihe von Resultaten basierend auf dem sogenannten theta-Modell für Neuronen erzielt. Einerseits haben wir das Auftreten einer Annihilationssequenz nachgewiesen, die grob qualitativ derjenigen in GHZA entspricht. Andererseits haben wir gezeigt, dass Information über die Anfangspositionen auf dem Weg durchs Medium ‘vergessen’ wird, so dass die entropische Komplexität in der PDG bezüglich Positionsinformation im Vergleich zum GHZA reduziert ist. Dies konnten wir weiter untermauern durch die Reduktion der Dynamik auf ein System sogenannter gewöhnlicher Differentialgleichungen und der Analyse von dessen Dynamik. Im Gegensatz hierzu zeigte sich in der komplexeren FitzHugh-Nagumo PDG numerisch, dass Pulse sich in einem bestimmten Parameterbereich replizieren. Wir haben dies auf einen subtilen neuartigen Mechanismus für Instabilität zurückgeführt. Hierbei konnten wir zeigen, dass stärkere schnell/langsam Skalenseparation zu höherdimensionalerer Instabilität führt.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • Weak and strong interaction of excitation kinks in scalar parabolic equations
    A. Pauthier, J.D.M. Rademacher, D. Ulbrich
    (Siehe online unter https://doi.org/10.48550/arXiv.2012.00309)
  • Dynamics and topological entropy of 1D Greenberg-Hastings cellular automata. Ergodic Theory and Dynamical Systems, 41(5), 1397-1430, 2021
    M. Keßeböhmer, J.D.M. Rademacher, D. Ulbrich
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1017/etds.2020.18)
  • Pulse replication and accumulation of eigenvalues. SIAM J. Math. Anal., 53(3), 3520–357
    Paul Carter, Jens D.M. Rademacher, Björn Sandstede
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1137/20m1340113)
 
 

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