Der Regensburger Reichstag des Jahres 1576. Ein Pilotprojekt zum digitalen Edieren frühneuzeitlicher Quellen
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Nicht zuletzt die Zeitdiagnose einer Krise der repräsentativen Demokratie stimuliert derzeit internationale Forschungen zu den vielgestaltigen Erscheinungsformen von Mitsprache in den spätmittelalterlichen wie frühneuzeitlichen Ständeversammlungen Europas. Diese Studien basierten und basieren maßgeblich auf wissenschaftlichen Editionen. Editionen ihrerseits sind bestrebt, Fragestellungen der Forschung aufzugreifen und das Quellenmaterial so zu präsentieren, dass es für viele verschiedene Erkenntnisinteressen nutzbar gemacht werden kann. Die Digitalen Geisteswissenschaften (DH) und ihr methodisches Instrumentarium eröffnen, für Forschen wie Edieren gleichermaßen, grundsätzlich neue Möglichkeiten. Diesen prinzipiellen Mehrwert an einem Beispiel, dem Regensburger Reichstag des Jahres 1576, fruchtbar zu machen und eines der traditionsreichsten Editionsunternehmen der deutschsprachigen Geschichtswissenschaft, die „Deutschen Reichstagsakten“, vom Digitalen her neu zu denken, war das Ziel des Pilotprojektes. Ein deutsch-österreichisches Projektteam, dessen Mitglieder editorische Expertise sowie Wissen und Können im Bereich der DH in die Projektarbeit einbrachten, konzipierte eine dem Digital first verpflichtete Edition. Eine solche Editionsform „übersetzt“ inhaltliche Informationen des Quellenmaterials mittels digitaler Methoden in ein logisches Modell standardisiert beschriebener Metadaten. Dieses Vorgehen erlaubt es, neben vielem anderen, die editorischen Inhalte für Nutzerinnen und Nutzer differenzierter zugänglich zu machen als dies bei anderen digitalen Repräsentationsformen der Fall ist. Überdies können die eigenen mit anderen Daten verknüpft werden und, umgekehrt, können Forscherinnen und Forscher mit ähnlichen oder auch ganz anders gearteten Erkenntnisinteressen von den eigenen Daten profitieren (sog. Linked open Data). Dieses Potenzial des Digitalen wurde in der erarbeiteten Edition fruchtbar gemacht. So wurden die von Archiven und Bibliotheken immer umfänglicher bereitgestellten Metadaten genutzt, um den, bei jedweder Edition unumgänglichen, editorischen Auswahlprozess systematisch zu dokumentieren und damit transparent zu machen („Archivdokumentation“). Integraler, umfänglicher und vielfältiger wird das Quellenmaterial dargeboten. Es beinhaltet so Unterschiedliches wie beispielsweise aktuelle tagespolitische Ereignisse, eine Gesandtschaft des russischen Zaren oder Ehebrecher, die mit ihren Anliegen die Räte Kaiser Maximilians II. adressieren („Edierte Texte“). Mit Metadaten versehen, teils transkribiert, teils inhaltlich erschlossen werden überdies zentrale Quellengruppen als Faksimile zugänglich gemacht („Archivalien in Bildern“).
