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Personale Gruppen und Kategorien zwischen Konstruktion und Dekonstruktion
Antragstellerin
Professorin Dr. Judith Froese
Fachliche Zuordnung
Grundlagen des Rechts und der Rechtswissenschaft
Öffentliches Recht
Soziologische Theorie
Öffentliches Recht
Soziologische Theorie
Förderung
Förderung von 2017 bis 2018
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 387054976
Das Recht kann nicht aller Individualität und Vielfältigkeit des Einzelnen Ausdruck verleihen, sondern ist auf personale und kategoriale Zuordnungen angewiesen. Dabei kann das Recht teilweise an tatsächliche Gegebenheiten anknüpfen, teilweise bildet es genuin rechtliche Kategorien. Typisierungen ermöglichen Rationalisierung und Vorhersehbarkeit staatlichen Handelns, reduzieren den Einzelnen jedoch auf das jeweilige gruppenbildende Merkmal (Groupism). Deshalb kontrastieren sie mit der in der Gesellschaft vorherrschenden Sicht auf den Einzelnen als individuelle, einzigartige Persönlichkeit. Kategoriale Zuordnungen sehen sich u.a. aus diesem Grund zunehmendem Rechtfertigungsdruck bis hin zu Dekonstruktionsbestrebungen ausgesetzt. Diese betreffen insbesondere die Kategorie des Geschlechts, zunächst durch Wahl- und Wechselmöglichkeiten innerhalb des binären Systems (Transsexualität/Transgender), aber zunehmend auch durch Forderungen nach einer Selbstbestimmung über das eigene Geschlecht außerhalb dieses Systems (drittes, viertes Geschlecht) bis hin zu einer völligen Dekonstruktion der Kategorie (postgender). Aber auch im Bereich des Antidiskriminierungsrechts und Asylrechts, die Kategorien wie die Rasse, Ethnie, Herkunft oder Nationalität antirassistisch und zum Schutz des Einzelnen verwenden, sehen sich Kategorien zunehmenden Vorwürfen der Essentialisierung und Performativität ausgesetzt. Die Themenfelder der Diskriminierung und Ungleichheit rücken zunehmend in den Fokus der öffentlichen Debatte und der wissenschaftlichen Auseinandersetzung – etwa unter den Stichwörtern micro agressions, safe spaces und trigger warnings. Gleichzeitig erlangen Kategorien über die Fortschritte der Biologie und Medizin neue Bedeutung, wenn sich etwa über die Entschlüsselung des Genoms neue Möglichkeiten im Rahmen der Strafverfolgung auftun. Das Forschungsvorhaben zielt darauf ab, die Relevanz von Gruppen und Kategorien für die Schaffung und Erhaltung von Objektivität, Vorhersehbarkeit und Verlässlichkeit des Rechts zu analysieren und nach möglichen Alternativen zu fragen. Hierbei spielen die Aspekte der Konstruktion und Dekonstruktion eine maßgebende Rolle. Zunächst sollen die soziologischen Grundlagen zu den Begriffen der Gruppe und der Kategorie erarbeitet und analysiert werden, ob und inwieweit diese bloße Konstruktionen sind. Sodann sollen die gegenüber Gruppen und Kategorien vorgebrachten Vorbehalte untersucht und auf ihre Berechtigung hin analysiert werden. Ausgehend von diesen Grundlagen sollen die einzelnen Kategorien Geschlecht, Ethnie, Rasse und Nation daraufhin untersucht werden, ob sie in Anbetracht zunehmender Wahl-, Wechsel-, und Selbstbestimmungselemente noch Kategorien im eigentlichen Sinne darstellen. Abschließend wendet sich das Forschungsvorhaben dem sog. postkategorialen Denken zu und fragt nach Alternativen zum Denken in und mit Gruppen und Kategorien und danach, ob diese Verlässlichkeit und Voruaussehbarkeit staatlichen Handelns gewährleisten.
DFG-Verfahren
Forschungsstipendien
Internationaler Bezug
USA
Gastgeberinnen / Gastgeber
Professor Dr. Rogers Brubaker; Professorin Dr. Laure Murat