Physikunterricht orientiert an Basiskonzepten: Kumulativer Kompetenzaufbau am Beispiel des Energiekonzepts [Erkenntnistransfer-Projekt]
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Ziel des Unterrichts in den naturwissenschaftlichen Fächern ist die Vermittlung einer naturwissenschaftlichen Grundbildung. Als Kern einer solchen Grundbildung gilt ein vernetztes Wissen in den Naturwissenschaften. Mit dem Ziel, den Aufbau vernetzten Wissens in den Naturwissenschaften zu unterstützen, fordern die 2005 in Deutschland eingeführten Bildungsstandards für den Mittleren Schulabschluss in den naturwissenschaftlichen Fächern eine Orientierung des Unterrichts an sogenannten Basiskonzepten. Bisher ist allerdings weitgehend unklar, wie ein solcher an Basiskonzepten der Physik orientierter Physikunterricht aussehen könnte. Ziel des Projekts „Physikunterricht orientiert an Basiskonzepten – Kumulativer Kompetenzaufbau am Beispiel des Energiekonzepts“ (energie.TRANSFER) war es, diese Implementationslücke zu schließen. Konkret sollten in dem in der Förderlinie Erkenntnistransfer geförderten Projekt Erkenntnisse physikdidaktischer Forschung zum Basiskonzept Energie in konkrete Unterrichtseinheiten und -materialien für verschiedene Jahrgänge der Sekundarstufe I überführt werden, die beispielhaft aufzeigen, wie ein an Basiskonzepten orientierter Physikunterricht zu gestalten wäre. Im Rahmen des Projekts sollte zunächst ein gemeinsamer Kernlehrplan „Energie“ der sechzehn Bundesländer erstellt werden. Darauf aufbauend sollten aus bestehenden Unterrichtseinheiten und -materialien insgesamt 10 bis 12 kurze Unterrichtseinheiten im Umfang von 2 bis 3 Schulstunden generiert werden, die sich nahtlos in den Physikunterricht der sechzehn Bundesländer integrieren lassen und – mit Hilfe eines wachsenden Verständnisses des Energiekonzepts – Verknüpfungen zwischen Sachgebieten herstellen; und dadurch den Aufbau eines vernetzten Wissens unterstützen. Um eine möglichst nahtlose Integration in den bestehenden Physikunterricht sicherzustellen, sollten die Einheiten durch die Lehrkräfte konfigurierbar und für unterschiedliche Schülergruppen individualisierbar sein. Zu diesem Zweck sollten die Einheiten über eine digitale Plattform zur Verfügung gestellt und über diese auch bearbeitet werden. Die entwickelten Einheiten (in Kombination mit der Plattform) sollten in einem mehrstufigen Verfahren erprobt und disseminiert werden. Der Versuch, einen gemeinsamen Kernlehrplan „Energie“ der sechzehn Bundesländer zu erstellen, scheiterte an den beträchtlichen Unterschieden zwischen den Lehrplänen der einzelnen Bundesländer, weshalb sich im weiteren Projektverlauf auf Verknüpfungsmöglichkeiten zwischen ausgewählten Bundesländern beschränkt wurde. Auch der Versuch, bestehende Unterrichtseinheiten und -materialien als Basis zu nutzen, scheiterte an der komplexen Natur solcher Einheiten und dem daraus resultierenden Aufwand, der im Vergleich zu einer Neuentwicklung unverhältnismäßig hoch erschien. Die nach einem eigens entwickelten Konzept neu entwickelten 12 kurzen, in den bestehenden Unterricht integrierbaren Unterrichtseinheiten zu entsprechenden Leitfragen rund um das Thema Energie (z.B. „Wie lange müsste man Rad fahren, um ein Smartphone zu laden?“) wurden als Kurs in der Lehr-Lern-Plattform Moodle implementiert, die einerseits die geforderte zusätzliche Konfigurier- und Individualisierbarkeit anbot und andererseits an Schulen in Deutschland einen hohen Verbreitungsgrad besitzt. Die Erprobung mit Lehrkräften ergab eine hohe Akzeptanz. Bereits im Projektverlauf häuften sich Anfragen von Lehrkräften, die nicht Teil der Erprobung waren, ob sie die Einheiten nicht auch einsetzen könnten. Dieser Effekt wurde durch den Beginn der Corona-Pandemie, der mitten in die Erprobung fiel, zusätzlich verstärkt. Daraus ergab sich die einmalige Möglichkeit, die entwickelten Einheiten nicht nur im Präsenz, sondern – in Folge der Schulschließungen im Frühjahr 2020 – auch im Fernunterricht zu erproben. Die Ergebnisse der Erprobungen zeigten über eine hohe Akzeptanz durch die teilnehmenden Lehrkräfte hinaus auch einen Effekt auf die Wissensentwicklung der Schülerinnen und Schüler, die jedoch von der Qualität der konkreten Umsetzung abhing. Zusammenfassend ist es trotz der Corona-Pandemie und den daraus resultierenden Einschränkungen gelungen, die angestrebten zwölf kurzen, nahtlos in den bestehenden Physikunterricht integrierbaren, durch die Lehrkräfte konfigurierbaren und für Schülerinnen und Schüler individualisierbaren Unterrichtseinheiten zum Energiekonzept als Beispiel für einen an Basiskonzepten orientierten Physikunterricht zu entwickeln und zu erproben. Die Einheiten werden (als OER) weiter angeboten. In mehreren Nachfolgeprojekten sollen weitere Erkenntnisse über die lernförderlichen Qualitätsmerkmale der Umsetzung als auch über den Einsatz der Einheiten im Vergleich von Fern- und Präsenzunterricht gewonnen werden.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
- (2019). Entwicklung basiskonzeptorientierter Unterrichtseinheiten zur Energie. In C. Maurer (Hrsg.), Naturwissenschaftliche Bildung als Grundlage für berufliche und gesellschaftliche Teilhabe. Gesellschaft für Didaktik der Chemie und Physik. Jahrestagung in Kiel 2018 (Bd. 39, S. 815-818). Universität Regensburg
Laumann, D., Fischer, J., Weßnigk, S., Kerres, M., Wenderoth, D., & Neumann, K.
- (2020). Energie unterrichten über eine digitale Lehr-Lernplattform. Naturwissenschaften im Unterricht Physik, 30(179), 31-36
Weßnigk, S., Neumann, K., & Kerres, M.
- (2020). energie.TRANSFER – Fokus Lehrkräfte – Implementation digitaler Unterrichtseinheiten. In S. Habig (Hrsg.), Naturwissenschaftliche Kompetenzen in der Gesellschaft von morgen. Gesellschaft für Didaktik der Chemie und Physik. Jahrestagung in Wien 2019 (Bd. 40, S. 1014-1018). Universität Duisburg-Essen
Steinmann, T. K., Fischer, J. A., Laumann, D., Pfänder, P., Kerres, M., Neumann, K., & Weßnigk, S.
- (2020). energie.TRANSFER – Identifikation vernetzungsfördernder Unterrichtselemente. In S. Habig (Hrsg.), Naturwissenschaftliche Kompetenzen in der Gesellschaft von morgen. Gesellschaft für Didaktik der Chemie und Physik. Jahrestagung in Wien 2019 (Bd. 40, S. 1019-1022). Universität Duisburg-Essen
Fischer, J. A., Steinmann, T., Pfänder, P., Laumann, D., Weßnigk, S., Kerres, M., & Neumann, K.
- (2021). Die Rettung der Phänomene! Durch Leitfragen sinnstiftendes Lernen initiieren und strukturieren. Mathematisch-Naturwissenschaftlicher Unterricht [MNU], 74(2), 140-146
Fischer, J. A., Steinmann, T., Kubsch, M., Laumann, D., Weßnigk, S., Neumann, K. & Kerres, M.