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Zwischen Heimatfront und Schlachtfeld - "Kriegsbilder" in protestantischen Predigten und Andachtsschriften des Ersten Weltkriegs
Antragstellerin
Professorin Dr. Andrea Hofmann
Fachliche Zuordnung
Evangelische Theologie
Förderung
Förderung von 2017 bis 2019
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 389182694
Das Forschungsvorhaben fragt nach theologischen „Kriegsbildern“ – Deutungen des Krieges – in protestantischen Predigten und Andachtsschriften des Ersten Weltkriegs aus Südwestdeutschland (heutige Landeskirchen Pfalz, Baden, Württemberg, Hessen, Elsass). Damit rückt ein geographischer Raum in den Mittelpunkt des Interesses, der vom Kriegsgeschehen durch die Nähe zur Westfront in besonderer Weise betroffen war. Durch die Berücksichtigung des Elsass wird zudem eine Grenzregion betrachtet, die erst 1871 an das Deutsche Kaiserreich angegliedert worden war. Elsässische Theologen mussten sich deshalb in besonderem Maße mit Fragen der nationalen Identitätsstiftung auseinandersetzen. Das Quellenkorpus umfasst gedruckte und handschriftliche Predigten aus Pfarrernachlässen der jeweiligen Landeskirchen sowie gedruckte Andachtsschriften, die im Krieg von kirchlichen Verlagen vertrieben und verbreitet wurden. Einbezogen sind dabei sowohl Predigten und Andachtsschriften für die sog. Heimatfront als auch für Soldaten im Feld. Die evangelische Kirche muss sich bis heute immer wieder dem Vorwurf aussetzen, dass ihr Tun in den beiden Weltkriegen des 20. Jahrhunderts der Lehre Jesu widersprochen habe. Wie agierte nun diese Kirche, die sich als Autorität in theologischen, moralischen und politischen Fragen verstand, in einer politischen und gesellschaftlichen Extremsituation, die der Erste Weltkrieg zweifellos darstellte? Die untersuchten Quellen sind einerseits eng in historischen und politischen Traditionen, andererseits in der Theologie des 19. Jahrhunderts verwurzelt. Die Kriegsbilder sollen unter Berücksichtigung dieser Traditionen anhand der vier Analysekategorien Bibelrezeption, Geschichtsdeutung, systematisch-theologische / ethische Perspektive und praktisch-theologische Perspektive rekonstruiert werden. Es ist bereits nach einer ersten Quellendurchsicht zu erkennen, dass für die Jahre 1914–1918 kein einheitliches Kriegsbild zu identifizieren ist, sondern Kriegsdeutungen je nach ihrem Sitz im Leben, nach der theologischen und persönlichen Prägung des Pfarrers und dem Predigtanlass variierten. Anhand von Fallbeispielen wird gezeigt, wie sich Kriegsbilder im Laufe des Krieges bei einzelnen Predigern entwickelten und transformierten, je nachdem, wie Pfarrer und Gemeinden den Krieg erlebten. Als ein wichtiges vorläufiges Ergebnis kann festgehalten werden, dass die Deutung des Krieges häufig durch eschatologische Elemente bestimmt war, die zugleich zu einem korrekten ethisch-sittlichen Handeln im Krieg motivieren sollten. Predigten und Andachtsschriften wurden von Pfarrern gezielt eingesetzt, um eine durch die Kirche gesteuerte „Kriegsfrömmigkeit“ zu verbreiten. Die Studie ist Teil der historischen Predigt- und Frömmigkeitsforschung und stellt einen Diskussionsbeitrag zum wechselvollen Verhältnis von Religion und Politik im Laufe der Geschichte dar.
DFG-Verfahren
Forschungsstipendien
Internationaler Bezug
Frankreich
Gastgeber
Professor Dr. Matthieu Arnold