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Das Frühwerk von Richard Strauss: philologische, analytische und kontextuelle Untersuchungen

Fachliche Zuordnung Musikwissenschaften
Förderung Förderung von 2017 bis 2021
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 390304595
 
Erstellungsjahr 2021

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Das Projekt gibt erstmals einen fundierten Einblick in die Anfänge des Komponisten Richard Strauss. Auch zwei Werkverzeichnisse hatten bis zuletzt nichts daran ändern können, dass hinter dem Bestand an frühen Manuskripten und vor allem hinter der frühen Werkchronologie bis zuletzt zahlreiche Fragezeichen standen. Das lag nicht nur daran, dass die Verfasser dieser Verzeichnisse keine wirklich professionellen Musikforscher waren, sondern auch am Umgang mit den Quellen durch die Familie. Strauss selbst hatte seine frühesten Werke später nicht sonderlich geschätzt und sich um deren Quellen nicht besonders gekümmert, und seine Nachkommen, die bis heute das alleinige Zugriffsrecht auf die Materialien besitzen, hatten wie ihr berühmter Ahnherr an einer genauen Beschreibung und Katalogisierung zumal der frühen Manuskripte wenig Interesse. Sie wurden deshalb noch nie systematisch untersucht, geschweige denn vollständig publiziert. Die Untersuchungen der Quellen führte zunächst zu einer Aufnahme des aktuellen Bestandes im Familienarchiv und zu einem Abgleich der vorhandenen Quellen mit deren bisherigen, meist unzureichenden Verzeichnissen. Vor allem neu entdeckte Quellengemeinschaften – hier kam es zu einigen überraschenden Funden – haben das bisherige Bild deutlich verändert. Wir wissen jetzt einigermaßen genau, welche Stücke in welchen Manuskriptformen existieren, welche verloren sind und welche wie ursprünglich zusammengehörten. Auch lässt sich erstmals genauer etwas zum Repertoire, den Teilnehmern und Organisationsformen früher Hausmusiken sagen, denn auch dazu haben sich Quellen im Familienarchiv erhalten. Inhalt, Schriftformen und Schreibmaterialien der Manuskripte verraten vieles über den jungen Komponisten: Vorbilder und Muster musikalischer Gestaltung, die Aneignung musikalischer Terminologie, die früh einsetzenden Versuche zu einer mehrstufigen Arbeitsweise, die, vereinfacht gesagt, mit einfach Entwürfen beginnt und mit Reinschriften endet. Vor allem erlauben die Handschriften die Entwicklung einer Schriftchronologie – und in deren Konsequenz einer Werkchronologie, die zu zahllosen Revisionen der bisherigen, meist nur geschätzten Daten geführt hat. Wir wissen jetzt recht genau, wann Strauss welche Stücke komponiert hat, wie er dabei vorgegangen ist, wie er seine Arbeitstechniken weiterentwickelt hat und wie seine Sicherheit im Umgang mit den bevorzugten Gattungen, aber auch generell in der musikalischen Arbeit (Satztechnik, Notation, Instrumentation) zugenommen hat: von der Nachahmung von Vorbildern bis zu gezielten Versuchen eigenständigen Gestaltens. Neben diesen materialen Aspekten wurde die musikalische Sozialisation des jungen Strauss in den Blick genommen: Die Einflüsse des Vaters und seiner Lehrer, die privaten und halböffentlichen Auftritte als Pianist und Geiger im Familienverband und in den vom Vater geleiteten Orchestern, die frühen Kenntnisse der Literatur von Hausmusik, Konzertsaal und Musiktheater haben sein musikalisches Denken und damit natürlich auch sein Komponieren wesentlich beeinflusst: Hier fand er die Gattungen, in denen er sich versuchte, und die Vorbilder, an denen er sich orientierte. Mit der Erhellung der musikalischen Entwicklung des jungen Strauss liefert das Projekt zugleich die Basis für ein besseres Verständnis seiner geradezu stürmischen Entwicklung in den 1880er Jahren. Seine Perfektion im Umgang mit dem kompositorischen Handwerk verdankte er ebenso wie seine Arbeitsstrategien den früh gemachten Erfahrungen, und sein produktiver Umgang mit dem klassisch-romantischen Repertoire sollte ihm noch lebenslang von größtem Nutzen sein.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • „Die frühesten Handschriften von Richard Strauss. Zu Manuskriptsorten und Kompositionsprozess in der ersten Schaffensdekade“, in: Stefanie Acquavella-Rauch und Birger Petersen (Hg.), Neue Ansätze zur Skizzenforschung für die Musik des langen 19. Jahrhunderts, Berlin u. a. 2020 (= Methodology of Music Research 12), S. 15–33
    Marcel Klinke
    (Siehe online unter https://doi.org/10.3726/9783631835975.003.0002)
 
 

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