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Effekte und Moderatoren von Stereotype threat in Wortschatz-Lernsituationen von türkischstämmigen Schülerinnen und Schülern an Grund- und weiterführenden Schulen

Fachliche Zuordnung Allgemeines und fachbezogenes Lehren und Lernen
Förderung Förderung von 2018 bis 2022
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 392231161
 
Erstellungsjahr 2022

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Im Rahmen des Projekts wurden Effekte von Stereotypenbedrohung (ST) in Wortschatzlernsituationen bei Schülerinnen und Schülern (SuS) mit (türkischem) Migrationshintergrund (MIG) an Grund- und weiterführenden Schulen untersucht. Darüber hinaus wurde die Bedeutung verschiedener Merkmale der SuS (Teilstudien A1, A2/A3), der Lehrkräfte (Studien B-D) sowie der Umgebung (Teilstudien A2/A3) betrachtet. Insgesamt wurden fünf experimentelle Studien, die einem Prä-Post-Design folgten, durchgeführt. Studie A konnte weder an Grund- noch an weiterführenden Schulen statistisch signifikante ST-Effekte auf das Wortschatzlernen sowie auf motivational-affektive Merkmale bei SuS mit (türkischem) MIG finden. Bei SuS weiterführender Schulen gab es zudem auch keine ST-Effekte auf Speichelcortisol als bedeutsamen Stressmarker, wohl aber auf Alpha-Amylase, die einen weiteren zentralen Stressmarker darstellt: Bei expliziter ST-Induktion stiegen die Werte von Prä- zur Postmessung signifikant an. SuS- (z.B. Identifikation mit der Domäne Wortschatz) und Umgebungsmerkmale (z.B. Besuch Gymnasium/Gesamtschule) wirkten nicht moderierend. In beiden Altersgruppen zeigten sich keine Stereotype Lift-Effekte (SL) für SuS ohne MIG. Studie B ergab, entgegen der Erwartung, für jugendliche SuS mit einem türkischem MIG, dass sie die höchsten Lernerfolge hatten, wenn sie von einer türkischstämmigen Lehrkraft unterrichtet wurden, die das Stereotyp benannte. Für SuS ohne MIG zeigten sich auch in Studie B keine SL-Effekte, sie profitierten somit nicht von der Aktivierung des negativen Stereotyps über SuS mit türkischem MIG; allerdings fungierte die Herkunft der Lehrkraft als Prädiktor: SuS ohne MIG lernten bei einer deutschstämmigen Lehrkraft mehr Wörter hinzu als bei einer türkischstämmigen Lehrkraft. Studie C fand bei expliziter ST-Induktion keine signifikanten Haupteffekte bei jugendlichen SuS. Für alle drei SuS-Gruppen zeigte sich, dass es keinen Unterschied machte, wenn ST durch eine deutschstämmige Lehrkraft aktiviert wurde; bei ST-Aktivierung durch eine türkischstämmige Lehrkraft lernten nur die SuS mit einem anderen als türkischem MIG weniger Wörter hinzu im Vergleich zu SuS der Kontrollbedingung. Auch Studie D fand für jugendliche SuS keine statistisch signifikanten ST- und SL-Effekte. Für SuS mit türkischem MIG zeigte sich erwartungsdiskonform, dass sie in der Ermutigungsbedingung einen größeren Wortschatzzuwachs bei der deutschstämmigen Lehrerin hatten, in der Bedingung ohne Ermutigung jedoch bei der türkischstämmigen Lehrkraft. Für die anderen beiden SuS-Gruppen ergab sich hingegen keine signifikante Interaktion. Auch konträr zu den Erwartungen zeigte sich für türkischstämmige SuS bei der Abfrage von Tipps bei der Lehrkraft kein Unterschied zwischen ST- und Ermutigungsbedingung. Die Befunde der Studien A-D wurden durch tiefergehende Analysen sowie über den Antrag hinausgehende Studien bestätigt. Obwohl in weiten Teilen erwartungswidrig, bieten die Studienergebnisse dennoch Erkenntnisgewinne hinsichtlich der Frage, wie SuS mit MIG gefördert werden können; wie z.B. dass Ingroup-Lehrkräfte durch Benennung der Benachteiligung durchaus motivierend wirken können oder dass die Aktivierung von Stereotypen bei betroffenen SuS Stressreaktionen auslöst. Zudem tragen die Ergebnisse zu der Debatte bei, unter welchen Randbedingungen der ST-Effekt überhaupt (noch) nachweisbar ist.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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