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Paragesellschaften. Parallele und alternative Sozialformationen in den Gegenwartskulturen und -literaturen
Antragstellerin
Dr. Agnes Bidmon, seit 10/2020
Fachliche Zuordnung
Allgemeine und vergleichende Literaturwissenschaft; Kulturwissenschaft
Förderung
Förderung von 2018 bis 2021
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 392619243
Begriffe wie und sind in den letzten 20 Jahren verstärkt in politischen und medialen Diskursen präsent und haben im Zuge von und Rechtspopulismus in jüngster Zeit eine neue Hochkonjunktur erfahren. Sie sind Indizien für eine Sehnsucht nach sozialer Normativität und kultureller Homogenität, die sich in Reaktion auf gesellschaftliche Ausdifferenzierungsprozesse in Folge von Globalisierung, Neoliberalismus, Migration und Pluralisierung ausprägt. Die zunehmende lebensweltliche Komplexität wird von oder vielfach als Bedrohung oder Entregelung wahrgenommen, und lässt Rufe nach Kontrolle, kultureller Stabilität und sozialer Geschlossenheit laut werden. Paradoxerweise bewirkt gerade dieser Wunsch nach Übersichtlichkeit eine wachsende Heterogenität, die in der Wahrnehmung einer gesellschaftlichen Spaltung manifest wird: Er begünstigt nicht nur die Segregation der sozialen Ränder, die den Vorstellungen nicht entsprechen (vgl. Migrantenquartiere, Gangs), sondern auch den abschottenden Rückzug auf eigene Sozialvorstellungen (vgl. gated communities, religiöse Sondergemeinschaften), sowie in Reaktion hierauf die Bildung von intentionalen Gemeinschaften mit utopischem Anspruch (vgl. Kommunen, Ökodörfer), die nach Alternativen zu den bestenden Formen des Zusammenlebens suchen. Gesellschaftliche Krisenerlebnisse begünstigen somit nicht nur in Deutschland, sondern in vielen Ländern derzeit die Entstehung von , von Räumen zur Verhandlung der Spannungsverhältnisse , , und fungieren können. Auch in den Gegenwartsliteraturen der sog. westlichen Welt lässt sich etwa seit den 1990er Jahren eine verstärkte Thematisierung paralleler und alternativer Sozialformen ausmachen. Dabei bedienen die fiktionalen Entwürfe die Evasionssehnsüchte der Rezipienten, spiegeln die mit ihnen verknüpften Diskurse affirmativ oder kritisch wider, diskutieren an ihnen Kernfragen des Zusammenlebens oder bieten alternative Sozialitätsvorschläge. Insofern stellen literarische Texte und Filme zu virtuelle Reflexions- und Experimentierräume zur Diskussion sozialer Streitfragen dar. Das interdisziplinär konzipierte Netzwerk lotet die kulturelle Bedeutung von in den Gegenwartskulturen und -literaturen aus. Es setzt sich auf kritische Weise theoretisch und systematisch mit dem bislang lediglich eingeschränkt bearbeiteten Phänomen und seiner Inszenierung in Texten und Filmen auseinander. Es führt kultur-, literatur- und medienwissenschaftliche Forscher_innen aus Germanistik, Anglistik, Amerikanistik, Romanistik und Medienwis-senschaften, sowie aus Politikwissenschaft, Philosophie, Soziologie, Ethnologie und Kunstgeschichte zusammen zu einer kulturvergleichenden Analyse dieses brisanten Sujets.
DFG-Verfahren
Wissenschaftliche Netzwerke
Ehemalige Antragstellerin
Professorin Dr. Teresa Hiergeist, bis 9/2020