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(In-)Security issues at the Schengen border. Security practices of state and non-state actors at the German-Polish border

Subject Area Human Geography
Term from 2018 to 2022
Project identifier Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Project number 397312088
 
Final Report Year 2023

Final Report Abstract

Ziel des Projekts war es, am Beispiel der deutschen Grenze zu Polen die aktuellen Ausprägungen des Verhältnisses von staatlichen und nicht-staatlichen Praktiken der Grenzsicherung zu untersuchen. Dabei interessierte uns insbesondere subjektive Perspektiven von Menschen, die sich aktiv in Formen nicht-staatlichen Grenzschutzes engagieren (z.B. Bürgerwehren, Bürgerstreifen, Sicherheitspartnerschaften). Wir gingen u.a. davon aus, dass Vorstellungen von und Erwartungen an “Sicherheit” dabei eine große, möglicherweise aber auch diffuse Rolle spielen. Mit einem grundsätzlich praxistheoretischen Zugang wurde untersucht, • wie der Zusammen von Sicherheit und Grenze Im Zeitraum von 2006 bis 2016 für die deutsch-polnische Grenze repräsentiert wird (Assoziation der Grenze mit Grenzkriminalität und Kriminalitätsfurcht; emotionale Aufladung der Grenze als ‘unsicher’; • welche räumlichen und insbesondere skalaren Bezugnahmen in Repräsentationen von Sicherheit und Grenze artikuliert (Wahrnehmung der Grenzregion im Kontext der als „losgelöst“ und „entfernt“ erscheinenden regionalen und nationalen Politiken) werden; • auf welche Weise das Verhältnis von Staat und Gesellschaft in den grenzbezogenen Praktiken verhandelt wird (Analyse nicht-staatlicher Grenzsicherungspraktiken wie Bürgerstreifen, Bürgerwehren und Sicherheitspartnerschaften). Die Ergebnisse können zu folgenden fünf Punkten zusammengefasst werden: 1. Sowohl die Ergebnisse der textzentrierten wie auch der subjektzentrierten Verfahren zeigten durchgehend eine mindestens unterschwellige, teils auch explizite Assoziation der deutsch-polnischen Grenze mit kriminellen Phänomenen. Es wurde deutlich, dass der Beitritt Polens zum Schengen-Raum als zentrales politisches Ereignis vielfach weniger als Mobilitäts- und Kooperationsgewinn betrachtet wird, sondern als Gefährdung der Grenzregion. 2. Grenzbezogene Sicherheitspraktiken lassen sich formal unterscheiden in solche, die in den Zuständigkeitsbereich staatlicher Organe fallen, und solchen, die von privaten Akteuren wahrgenommen werden. Die tatsächliche Palette ist aber breiter, wenn man insbesondere das Engagement in Sicherheitspartnerschaften berücksichtigt, die - auf dem verordnungsweg ermöglicht - faktisch der Polizei unterstellt sind und organisatorisch von Polizeibeamt:innen angeleitet, betreut und verwaltet werden. 3. Motive für privates Engagement in Bürgerstreifen und Sicherheitspartnerschaften sind als ex post-Rationalisierungen häufig nur schwer zu rekonstruieren. Die Interviews gaben jedoch deutliche Hinweise auf eine heterogene Motivlage im Hinblick auf das Engagement in Bürgerstreifen: neben den expliziten genannten Vorstellungen, mit dem eigenen Engagement einem wahrgenommenen Kriminalitätsgeschehen etwas entgegensetzen zu können, wurde ein Verantwortungsgefühl gegenüber dem Ort betont. 4. Das zivile Engagement in der Grenzsicherung scheint biographisch verknüpft mit Erfahrungen existenzieller Verunsicherung nach 1989/90, die als Benachteiligungen und Ängste sowie fehlendes Vertrauen in “den Staat” zum Ausdruck kommen. Hinzu kommen teils diffuse Verunsicherungen, die direkt an Grenzpolitiken gebunden werden. 5. Mit Hilfe des Methoden-Mixes konnte im Rahmen der situational analysis die Bedeutung von Materialitäten in grenzbezogenen Praktiken herausgearbeitet werden. Diese materiellen Objekte haben neben ihrer funktionalen auch zentrale symbolische Funktionen in der Repräsentation des Einzelnen wie auch als Zeichen der Anerkennung zivilen Engagements durch staatliche Instanzen (z.B. Kleidung, Nachtsichtgeräte).

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