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Europareisen im 19. und beginnenden 20. Jahrhundert. Bildungsprozesse und die Konstruktion nationaler Identitäten in Reiseberichten kreolischer Reisender

Fachliche Zuordnung Allgemeine und Historische Erziehungswissenschaft
Förderung Förderung von 2017 bis 2021
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 397634597
 
Erstellungsjahr 2022

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Ausgangspunkt unserer Forschungen war das in wissenschaftlichen Arbeiten häufig als ,besonders‘ deklarierte Verhältnis der ,kreolischen‘ Bevölkerung Lateinamerikas zu Europa im 19. und frühen 20. Jahrhundert: Aufgrund ihrer Abstammung hätten sie sich in einem Dazwischen befunden zwischen ,Mutterland‘ und Kolonie, was insbesondere im Zuge der Unabhängigkeitsbestrebungen der (ehemaligen) Kolonien von Relevanz gewesen sei. Vor diesem Hintergrund erschienen uns Reisen zwischen Lateinamerika und Europa im 19. und beginnenden 20. Jahrhundert interessant, bewegten sich die (,kreolischen‘) Reisenden doch zwischen eben jenen Kontinenten, die sich in einem tiefgreifenden Aushandlungsprozess um nationale Identitäten, politische und ökonomische Vormachtstellungen sowie (Un-)Abhängigkeiten befanden. Entsprechend dienten uns als Datengrundlage spanischsprachige Reiseberichte ,kreolischer‘ Reisender aus dem 19. und frühen 20. Jahrhundert. Leitende Fragestellungen unseres reflexivhermeneutischen Vorgehens waren daher erstens, wie die Reisenden (ihre eigene) nationale Identität unter anderem in Abhängigkeit von Geschlecht und sozialer Klasse im Rahmen ihrer Berichte konstruierten. Zweitens fragten wir ausgehend von dem Topos ,Reisen bildet‘ nach möglichen bildenden Erfahrungen aufgrund von krisenhaften Erlebnissen auf Reisen. Zu erstens: Im Zuge der Quellenarbeit zeichnete sich das Einnehmen einer (historisch-) praxeologischen Perspektive als sinnvoll ab. Auf diese Weise konnten wir die in den Berichten dargestellten sozialen Positionierungen als Produkte von Interaktionszusammenhängen herausarbeiten, innerhalb derer Handelnde durch den Vollzug von Körperpraktiken als bestimmte Subjekte positioniert wurden bzw. sich selbst zu positionieren suchten. Durch ihre Verschriftlichungen luden sie die Subjektposition von Europareisenden im Untersuchungszeitraum ebenso wie die (trans-)nationalen Räume mit Bedeutung auf. Vor diesem Hintergrund entwickelte Lilli Riettiens im Rahmen ihrer Dissertation das Konzept des Doing Journeys, wodurch die untersuchten Reiseberichte als Inszenierungen von Körpern und (trans-) nationalen Räumen lesbar wurden. Zu zweitens: Der Annahme folgend, dass der Enttäuschung oder Irritation aufgrund unerwarteter Erfahrungen auf Reisen ein Potenzial für Bildungsprozesse innewohnt, untersuchten wir Textpassagen, die ein hohes Irritations- oder Krisenpotenzial aufwiesen. Hier konnten wir Möglichkeitskonzeptionen formulieren, die es in anschließenden Forschungen weiter zu untermauern gilt – beispielsweise in Anlehnung an Überlegungen zu „Bildung als Habitustransformation“. Von einer bereits vollzogenen Ausweitung unserer Forschungen zeugt die (internationale) Publikation "Views on Europe", in der wir gemeinsam mit internationalen Wissenschaftler_innen den Versuch unternehmen, den vorherrschenden (Selbst-)Darstellungen von ‚Europa‘ Perspektiven von ‚Nicht- Europäer_innen‘ auf das geografische wie symbolische ‚Europa‘ gegenüberstellen.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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