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Gottlieb von Jagow und die Kriegsschuldfrage 1918 bis 1935. Zur Rolle des ehemaligen Chefs des Auswärtigen Amts in den geschichtspolitischen Debatten der Weimarer Zeit. Eine historiographisch-biographische Untersuchung

Antragsteller Dr. Reinhold Zilch
Fachliche Zuordnung Neuere und Neueste Geschichte (einschl. Europäische Geschichte der Neuzeit und Außereuropäische Geschichte)
Wissenschaftsgeschichte
Förderung Förderung von 2018 bis 2021
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 397638807
 
Gottlieb von Jagow (1863-1935), als Staatssekretär des Auswärtigen Amts von 1913 bis 1916 Spitzendiplomat des kaiserlichen Deutschland, war nach 1918 einflußreicher, wenngleich meist im Hintergrund wirkender Akteur in der geschichtspolitischen Debatte über die im Versailler Vertrag (v. a. Artikel 231) postulierte deutsche Kriegsschuld. Jagows teilweise enge Zusammenarbeit mit dem Amt und seine Rolle in einem weiten Netzwerk von ehemaligen bzw. aktiven Diplomaten und Politikern sowie Historikern und Publizisten sind bisher nahezu unerforscht. Die Behörde besaß mit dem sog. Schuldreferat eine Sonderabteilung, die die nationale und internationale Diskussion beobachtete sowie eine intensive, auf die Revision von Versailles zielende "Kriegsunschuldforschung" (Große Kracht) koordinierte und organisierte. Der Forschungsstand wird immer noch von Geiss, Heinemann und Dreyer/Lembke bestimmt, die sich 1983 bzw. 1993 allerdings auf institutionell-organisatorische Fragen und auf das Zusammenspiel mit der akademischen Historikerschaft konzentriert hatten. Die Rolle von Zeitzeugen wurde bisher nur am Rande untersucht. Am Beispiel Jagows wird nun die Einbindung ehemals Verantwortlicher in die geschichtspolitischen Debatten und in die Revisionsstrategie der deutschen Regierung herausgearbeitet sowie aus seinem umfangreichen, aber sehr zerstreuten und bis dato nahezu unausgewerteten Briefwechsel Schlüsseldokumente editorisch zugänglich gemacht werden. Dieses Material soll zudem mit den Publikationen Jagows und seinen bisher von der Forschung ignorierten autobiographischen Aufzeichnungen verglichen werden, die der Verfasser zeitlebens unter Verschluss hielt und dazu auch seine Erben verpflichtete. Damit wird ein Beitrag zur Geschichte der Geschichtsschreibung in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts und zur Analyse des Einflusses führender Repräsentanten der monarchischen Zeit auf das geistige Klima der Weimarer Republik und zum Selbstbild konservativ-nationalistischer, der DNVP nahestehender Kreise geleistet. Das Projekt leistet einen Beitrag zur Erforschung der Vor- und Nachgeschichte des Ersten Weltkrieges. Indem die Studie einen nahezu unbekannten langen Abschnitt des Lebens von Gottlieb von Jagow erhellt, ist sie auch ein wichtiger Baustein zu einer bisher fehlenden wissenschaftlichen Biographie dieser politischen Schlüsselfigur des spätwilhelminischen Deutschland, zu der bisher mit Ausnahme von kurzen Lexikoneinträgen nur wenige Druckseiten umfassenden Skizzen von Hürter und Hampe (1994/2001) existieren.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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